Donnerstag, 22. September 2011

Becky - Das erste Mal mit Drogen über die Grenze endete nass, pleite und hungrig in Rom

Eine wunderschöne Reise mit Drogen im Gepäck

Matthias und ich lernten schließlich eines Tages, als Volksfest in unserer Stadt war, Andy kennen, einen jungen Mann aus einem nahegelegenen Dorf, der auch kiffte und total gut drauf war. Eigentlich war er sehr gutaussehend (fand meine Mutter immer), aber das habe ich gar nicht gesehen, weil ich erstens viel zu verliebt in Matthias war und Andy zweitens mit meiner Freundin Christiane zusammen kam. Andy war schon eine auffällige Erscheinung, mit seinem weiten, langen, schwarzen Mantel, den er oft trug und seine schwarzen Haare. Meine Freundin Christiane dagegen hatte wasserstoffblondes ewig hoch auftoupiertes Haar und beide waren ziemlich groß; sie sahen zusammen einfach toll aus! Andy wurde schon bald mein bester Freund. Naja, ich habe ein unglaubliches Talent, nie zu merken, wenn nahestehende Menschen mehr von mir wollen als nur Freundschaft. Nach dem großen Betrug meiner besten Freundin, der in einigen Monaten passieren würde, hatte ich auch nur noch männliche beste Freunde und Bezugspersonen, bei denen ich so manches Mal falsch lag, was ihre Gefühle mir gegenüber anging. Dass Andy eigentlich in mich verliebt war, wurde mir erst viel, viel später, kurz vor seinem Tod, bewusst.

Matthias arbeitete als Gas-/Wasser-Installateur und ich ging in die Realschule. Es war kurz vor den Sommerferien und ich musste in Deutsch noch ein Referat halten. Das Thema konnte ich mir aussuchen. Matthias´ Bruder war bei der Polizei beschäftigt und auf Nachfrage gab er mir bereitwillig sämtliche neue Broschüren über Drogen, insbesondere über „Crack“, das in der Zeit in den großen „Rauschgiftstädten“ wie Berlin, Hamburg und Frankfurt gerade im Kommen war, und so stand mein Thema auch schon fest! Was soll ich sagen, ich hatte bei diesem Referat die beste Note, die ich und auch die anderen in meiner Klasse je in einem Referat hatten, nämlich eine 1- bekommen (unsere alte Deutschlehrerin sah nicht nur original aus wie eine Hexe aus einem Märchenbuch, sie hatte auch noch einen relativ hohen Standard in Deutsch). Immerhin kannte ich mich mit Drogen ja auch noch praktisch sehr gut aus und ich konnte per Tageslichtprojektor (heutzutage gibt es Beamer) viele Bilder vorzeigen. 

Nun stand die Klassenfahrt nach Bozen/Brixen in Italien an und ich war schon froh, dass meine Ma das Geld dafür auftreiben konnte. Schließlich ergab sich kurz vor der Abfahrt ein Problem damit, dass ich noch keine Pille nahm und ich doch schon relativ regelmäßig Sex mit Matthias hatte - mit Kondomen halt. Einestages platzte ein Kondom und ich war am nächsten Tag sowas von beunruhigt, weil es - nach einigem Nachschlagen in meinem Kalender - auch noch meine fruchtbaren Tage sein mussten. So habe ich das erste und einzige Mal in meinem Leben in der Schule blau gemacht. Meine Freundinnen machten das öfter, aber ich war dazu viel zu pflichtbewusst und ich wollte meiner Mutter keinen Ärger machen. So legte ich meiner Mutter ein Blatt Papier vor, in dem ich oben eine Entschuldigung für das Schwimmen wegen der Monatsblutung schrieb und sie nach viel Platz dazwischen unterschreiben ließ. Das obere Stück des Blattes bezüglich des Schwimmens schnitt ich weg und schrieb über der Unterschrift meiner Ma, dass ich wegen Krankheit an diesem Tag überhaupt nicht zur Schule kommen kann. Ich hatte so eine wahnsinnige Panik und brutal Angst! Dann fasste ich mir ein Herz und ging an diesem Vormittag heimlich und allein zum ersten Mal zum Frauenarzt (nicht mal Matthias wusste davon) und er verschrieb mir nach der Untersuchung die „Pille danach“ und die normale „Pille“. Die „Pille danach“, das waren 3 kleine Tabletten, wobei ich die erste gleich nehmen musste, die zweite 12 Stunden danach und die dritte nochmal 12 Stunden später. Die dritte Tablette war schließlich an dem Morgen dran, als wir die Klassenfahrt hatten. Wir fuhren im Bus nach Italien und mir wurde so dermaßen schlecht, dass ich mir vom Gebläse Wind ins Gesicht blasen ließ. Als wir an der Europabrücke endlich eine Pause einlegten, lief ich aus dem Bus hinter das nächste Kiosk-Häuschen und kotzte mir die Seele aus dem Leib – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kann mich kaum erinnern, dass Kotzen jemals zuvor und danach so schlimm war! Noch heute kann ich mich sehr gut daran erinnern und ich weiß noch, dass ich mir damals dachte, dass ich das nicht überlebe. Keiner wusste Bescheid, außer meiner Freundin Sabrina und so stieg ich wieder in den Bus ein und dachte so bei mir: „Jetzt hast du also dein Kind gekotzt!“. Einen Tag später ging es mir wieder etwas besser und es war auch die richtige Entscheidung. Ich war 15 Jahre alt und die Beziehung mit Matthias dauerte auch nicht besonders lange, was ich damals zwar nicht wusste, vielleicht aber bereits ahnte, denn er betonte immer wieder, wie wichtig ihm seine Freiheit war. Wäre es damals zu einer Schwangerschaft gekommen, dann wäre mein Kind jetzt ein Jahr älter als meine Schwester Sarah! Da wäre Sarah schon Tante gewesen, noch bevor sie auf der Welt war! Man kann bei einer „Pille danach“ ja nicht sagen, ob man nun schwanger gewesen wäre oder nicht, aber dennoch machte ich mir viele Gedanken und auch Vorwürfe deswegen.

Nun waren endlich die Sommerferien und wir (Matthias, Christiane, Andy und ich) wollten eigentlich nach Italien in Urlaub fahren (ja, schon wieder Italien, aber diesmal privat, denn eine Reise mit der Schule ist ja nicht wirklich Urlaub…). Leider musste aber Matthias arbeiten und Christiane durfte von ihren Eltern aus nicht mitfahren und so haben beide Andy und mir gesagt, dass stattdessen doch wir beide alleine fahren sollen. Andy hatte zu der Zeit einen roten Kadett älteren Baujahres und so machten wir zu zweit eine Italien-Rundreise. Ich hatte ja noch keinen Führerschein und so musste Andy dauernd autofahren. Ich las ihm unterwegs einige U-Comics (kennt die noch wer?), vor allem die „Freak Brothers“, vor. Doch nach 7 Stunden pausenlosen Fahrens ist es passiert: Andy fielen während der Fahrt in der Toskana mitten in einer Kurvenstrecke die Augen zu und ich sah nur noch die Mauer auf uns zukommen. Kurzerhand griff ich ihm ins Lenkrad und Andy war dadurch so geschockt, dass er wieder hellwach war bis wir in Follonica an einem kleinen Camping-Platz ankamen. Wir bauten unser kleines 2-Mann-Zelt auf und stellten fest, dass die zwei Stangen nicht passten, weil sie viel zu kurz waren. Wir behalfen uns mit je einer Cola-Dose und damit passte es optimal. Leider fielen die Dosen immer wieder um, während wir schliefen und damit fiel unser Zelt auch immer wieder in sich zusammen, worüber wir uns regelmäßig kaputt lachten. Wir blieben ein paar Tage dort, sonnten uns am Strand und kochten vor unserem spartanischen Zelt selber meistens Nudeln. Ich liebe Nudeln, das ist meine absolute Leibspeise, aber die Nudeln auf dem Campingplatz waren die besten, die ich je gegessen habe. Wir schütteten einfach die fertige Nudelsoße und den Käse in den Topf mit den fertigen Nudeln und es schmeckte super! 

Als unser Gaskocher nicht mehr funktionierte, gingen wir in ein Geschäft (in dem sie leider nur italienisch sprachen, besser gesagt: leider sprachen wir kein italienisch!) und Andy hat denen mit Händen und Füßen versucht zu erklären, was ein Gas-Strumpf ist, welcher nämlich an unserem Kocher kaputt war. Endlich bekamen wir, was wir wollten und Andy baute einen „Zwilling“, als wir wieder am Zelt waren. Ein „Zwilling“ - das sind zwei Joints, die in ein aus Pappe gefertigtes Mundstück gesteckt werden. Bringt eigentlich nicht sooo viel mehr, klar, man zieht gleichzeitig an zwei Joints an, aber vor allem sieht es spektakulär aus! Ebenso spektakulär sah auch das Apfel-Rauchen aus. Das hat auch Andy erfunden. Dabei macht man in einen Apfel zwei Löcher, wie bei einer Erdpfeife und in ein Loch kommt dann die Haschisch-Tabak-Mischung (wieder mit Tabak-Boden darunter). An dem anderen Loch zieht man an, während man die Mischung anzündet. Für jemanden, der von Weitem zusieht, schaut es aus, als ob man an der einen Seite von dem Apfel abbeißt und auf der anderen Seite Rauch raus kommt! Sehr witzig! Besonders die Gesichter der Zuschauer! Und es ist für die Lunge nicht so stark durch die Feuchtigkeit des Apfels! Naja, das waren halt so Spielereien...

Natürlich haben wir Haschisch nach Italien mitgenommen und das habe ich mir damals bei beiden Grenzen in Österreich und in Italien (ja, damals gab es noch richtige Grenzen) in die Unterhose gesteckt. Zu dieser Zeit hatte ich ja noch keinerlei Eintragungen wegen eines BtmG-Vergehens und meine Weste war noch blütenweiß, deshalb gab es auch keine Probleme. Trotzdem schoss mir das Adrenalin in die Adern und es war sehr aufregend an den Grenzübergängen. Meine erste Bewährungsprobe bei Beamten, wo man so unschuldig und unauffällig wie möglich zu wirken hatte. Das konnte ich schon immer gut, was mich noch so einige Male retten sollte... Wenn ich mir einrede, dass ich nichts zu verbergen habe, dann kann ich das auch ausstrahlen. 

Plötzlich fing es an zu regnen und es hörte auch nicht mehr auf. In Italien kommt es schon mal vor, dass es auf einmal so dermaßen schüttet, dass man meinen könnte, die Sintflut käme zurück. Wir packten unser Zelt zusammen, welches voll nassen Sandes war und fuhren weiter in Richtung Rom. Andy´s Auto hatte unten an der Beifahrerseite am Boden ein Loch und so hatte ich sozusagen ein Fußbad im Fußbereich des Beifahrersitzes, in dem ich meine sandigen Füße waschen konnte. Anfangs war das noch ganz lustig, aber mit der Zeit nervte es, wenn das Wasser bei jeder Bremsung auf mich und den Sitz überschwappte und so benutzte ich eine leere Tabak-Dose, um das Wasser während der Fahrt aus dem Fenster zu schöpfen. 

Nach einigen Stunden, die wir an äußerst beeindruckenden Landschaften vorbei fuhren, kamen wir schließlich in Rom an. Andy wurde fast wahnsinnig mit dem unpraktischen, riesigen Stadtplan, den wir hatten (tja, ein Navi gab es damals ja noch nicht) und vor allem verzweifelte er mit den ganzen Einbahnstraßen, aus denen die ganze Stadt zu bestehen schien. Einbahnstraßen und Kreisverkehre! Leider war es genau die Mittagszeit und damit Siesta und alle Banken hatten zu. Wir hatten keine Lire mehr (ja, damals gab es auch noch keinen Euro) und wir hatten sooo Hunger. Wir trennten uns und suchten zu Fuß eine Bank, die geöffnet hatte. Ich wurde sofort von so einem Römer angemacht und als Andy das von weitem sah, kam er sofort her und „rettete“ mich. Mittlerweile hatte es auch hier angefangen zu regnen und ich hatte einen dünnen weißen Rock an und ein weißes Oberteil, ansonsten war ich barfuß. Alles, was weiß war, wurde durch den Regen durchsichtig und so fiel ich einigermaßen auf, als wir uns den Vatikan, das Kolosseum, die Spanische Treppe, den Trevi-Brunnen und sämtliche anderen Sehenswürdigkeiten ansahen! Bis wir Lire und etwas zu essen kriegten, mussten wir warten, bis nachmittags die Siesta vorüber war. Frisch gestärkt wollten wir uns schön langsam wieder auf die Rückfahrt machen. Aber da hat Andy nicht mit meinen Eigenarten gerechnet! Ich nehme aus allen Urlaubsländern etwas Sand und Meerwasser mit. Da ich das in Follonica versäumt hatte, suchten wir um Rom das Meer. Es war bereits Nacht und stockdunkel, als Andy anhielt und laut Landkarte meinte, dass wir ziemlich nah am Meer sein müssten. Es war da aber nur ein Zaun und dahinter Strand und Meer. Er stieg mit zwei leeren Plastikflaschen über den Zaun und eilte zum Meer, um eine Flasche davon mit Meerwasser zu füllen. Gerade als er die zweite Flasche mit Sand füllen wollte, hörte er ein Knurren. Es war schließlich ein Hund, der das Grundstück, in dem er eingestiegen war, bewachte. Ich schrie und er rannte was das Zeug hielt, warf die Flaschen über den Zaun und schaffte es gerade noch vor dem Hund, selbst auch über den Zaun zu klettern. Puh, dieses Urlaubs-Souvenir war hart erkämpft! 

So fuhren wir über den Garda-See, an dem wir noch Pause machten und dann noch über Pisa, wo wir auch noch zum Essen gingen und Fotos machten (wie fotografiert man einen schiefen Turm?) wieder zurück nach Deutschland. Vorher kauften wir noch ein paar Holz-Pfeifen als Souvenir und als Gebrauchsgegenstände, die heute noch meine Wand zieren. Wir kamen irgendwann um 1:00 Uhr früh bei mir zuhause an. Andy kam noch mit zu mir in mein Zimmer und flocht mir bis 6:00 Uhr früh viele, viele, kleine Zöpfe in mein Haar, damit ich am nächsten Tag für Matthias hübsch aussehe …

Das war der zweitschönste Urlaub meines Lebens (der schönste ist erst ein Jahr her). Da konnte ich Kraft schöpfen für das, was noch alles kommen sollte…
Nächstes Mal mehr!

Viele Grüße,
Becky

© Drogenweltblog 2011

1 Kommentar:

Vielen Dank für Deinen Kommentar!
*-- Becky --*