Donnerstag, 8. März 2012

TomCat - Die Lebens- und Drogen-Geschichte eines ehemaligen Frankfurter Drogendealers

Eine interessante Story über Drogen, Kriminalität, Familien-Dramen, Liebe, Verrat, Beziehungen, andere Länder und der Wunsch nach Frieden und Freiheit

Am 26.5.1962 gegen 17.00 Uhr erblickte ich im Bürgerhospital in Frankfurt am Main das Licht der Welt. Leider waren die Umstände wenig erfreulich. Meine Mutter stammt aus einer angesehen Frankfurter Kaufmannsfamilie und hatte sich mit einem Marokkaner, der hier Urlaub machte, eingelassen. Er war kein Gastarbeiter, sondern kommt ebenfalls aus einer sehr reichen und angesehenen Familie in Tanger. Hier noch einige Eckdaten zu dem Lebenslauf meiner Mutter: Sie wurde während des zweiten Weltkrieges geboren und ist in Frankfurt aufgewachsen. Meine Großeltern hatten von ihren Eltern eine Sportgroßhandlung übernommen und diese über den Krieg gerettet. Allerdings hat dann ein linker Prokurist waggonweise Waren „umgeleitet“. Mein Großvater konnte aber einen großen Teil seines Privatvermögens retten. Mein Onkel Peter wollte die Konkurs gegangene Firma retten, aber das ist ihm leider nicht gelungen. Früher habe ich Peter häufig für einen Luftikus gehalten aber ich habe gemerkt, dass er sehr viele menschliche Qualitäten hat. Als ich zuletzt mit ihm Kontakt hatte, arbeitete er bei AWD - Frankfurt. Ich fand ja schon immer, dass diese Firma einen recht sektenähnlichen Charakter hat, aber wir haben ja Religionsfreiheit… Seine Frau und meine Mutter konnten sich nie riechen und ich habe damals den Fehler gemacht, auf meine Mutter zu hören. Meine Mutter war eben etwas frühreif und hatte sich auch schon an ihren Klavierlehrer „vergriffen“, was meiner Großmutter so gar nicht passte. Mein armer Vater wurde vor den Familienrat „zitiert“ und sollte da Rede und Antwort stehen, wie er sich die Zukunft mit meiner Mutter vorstellt. Der arme Kerl verließ fluchtartig das Land. Meine Mutter hatte eine „gute Freundin“, welche ihr riet, mich zur Adoption freizugeben, damit sie sich ihre Zukunft nicht versaut – es war damals Ende 1961. Lange Zeit konnte sich meine Mutter nicht entscheiden und auch nach meiner Geburt wusste sie noch nicht, was sie wollte – ein Glück, dass damals Abtreibungen verboten waren! Als ich meine Mutter kennengelernt habe, wurde ich bei ihrer gesamten Familie herumgereicht und durfte auch an ihren Partys teilnehmen, auf denen furchtbar wichtige Leute waren. Heute haben wir keinerlei Kontakt mehr zueinander.

Als sich meine Mutter dann doch endgültig für eine Adoption entschieden hatte, war ich etwa fünf Monate alt und lag dann schließlich in einem Adoptionsheim. Zwei Bewerber-Pärchen kamen in die engere Auswahl; ein amerikanisches Ehepaar und ein kinderloses deutsches Paar. Es gibt ein Bild von mir als Kind mit zwei verbundenen Händen – Ich hatte innerhalb von wenigen Tagen nacheinander mit beiden Händen immer absichtlich auf die heiße Herdplatte gefasst, nur um so wenigstens etwas spüren zu können. Dadurch, dass ich meine ersten Monate in diesem Adoptionsheim verbringen musste, habe ich das sogenannte Urvertrauen nicht mit auf den Weg bekommen. Um einen bildlichen Vergleich heranzuziehen: Wenn die Psyche eines normalen Menschen ein Garten ist, so war meine eine Wüste mit Vulkanen. Nur durch die Zauberkunststücke guter Psychiater geht es mir heute soweit ganz gut. Hätte es damals schon die Bewertungskriterien von heute gegeben, dann wäre ich in den USA aufgewachsen. So aber kam es, dass ich bei der deutschen Pflegefamilie aufgewachsen bin. Mein Pflegevater konnte selber keine Kinder bekommen und sexuell kam er wohl auch nicht mit meiner Pflegemutter klar. Jedenfalls gab es einige Seitensprünge. Sein Hobby war die Jägerei und ich hatte dann die dankbare Aufgabe, die Tier abzuhäuten und auszuweiden. Das hat auch gut zu meiner damaligen seelischen Situation gepasst…

Ich war hyperaktiv und gewalttätig. Meine arme Adoptiv-Schwester hatte furchtbar unter mir zu leiden und heute tut es mir selber weh, dass ich sie so übel behandelt habe. Schon in der ersten Klasse musste ich in eine andere Klasse versetzt werden, weil meine Lehrerin nicht mit mir zurecht kam. Ich war mal der Klassenclown und dann wieder vorlaut oder gewalttätig – eben auffallen um jeden Preis! Bis heute habe ich eine psychomotorische Störung; ich kann nicht richtig ruhig sitzen oder stehen und mache damit meine Mitmenschen oft nervös und ärgerlich. Hätte mir damals meine Adoptiv-Mutter das Ritalin (Wirkstoff: Methylphenidat) gegeben, was mir der Arzt verordnet hatte, dann wäre mein Leben ganz anders verlaufen. Aber sie wusste es eben besser, nur musste ich den Preis dafür bezahlen und der war sehr hoch!

Die Studenten-Revolten, K1, Vietnam, Baader-Meinhof und Drogen waren die Dinge, die mich in meiner Kindheit in der Umgebung von Frankfurt begleitet haben. Der Kampf „rechts“ gegen „links“ wurde an den Schulen ausgetragen und häufiger waren die politischen Ansichten wichtiger, als die schulischen Leistungen. Nur die internationale Schule in Oberursel war dabei eine Ausnahme. Hier war der Mensch wichtig! Leider bin ich von dieser Schule geflogen, weil ich mit dem Sohn des Transportation-Direktors lange Finger gemacht hatte, aber so war ich halt damals, dennoch sollte die Zeit an dieser Schule mein ganzes zukünftiges Leben bestimmen. Das erste Mal in meinem Leben spürte ich so etwas wie Hoffnung und Zuneigung. Ich war mit meinem Lehrer Mr. Miller auch häufig in meiner Freizeit unterwegs, z. B. im Opel-Zoo in Kronberg oder im PX. Die Vorschriften in den Zoos waren damals auch noch nicht so streng und ich durfte das Nilpferd am Maul kraulen. Meine Adoptiv-Mutter war damit einverstanden, dass ich mit meinem Lehrer und seiner Freundin unterwegs war. Mr. Miller´s Freundin war ebenfalls Lehrerin an der FIS, dieser internationalen Schule. Einmal habe ich aber richtigen Mist gebaut mit der freundlichen Unterstützung meiner Chemielehrerin. Sie hatte uns radioaktive Laborproben mitgebracht und ich habe davon genascht! Als die Fußballweltmeisterschaft in München stattgefunden hat, war ich dort mit meinem Vater. Das war das einzige Fußballspiel (DDR gegen Ghana), das ich überhaupt in meinem Leben live gesehen habe. Das erste bewusste Ereignis der Weltgeschichte, an die ich mich erinnere, war die Mondlandung. Meine Großmutter, zu der ich inzwischen ein enges Verhältnis hatte, war J. F. Kennedy- und Peter Scholl-Latour-Fan – etwas, was auch ich verinnerlicht habe.

Außerdem hatte ich auch endlose Gespräche mit dem Schulpsychologen. Ich war damals einfach froh, dass sich jemand mit mir beschäftigt hat und so konnte ich auch häufig Klassenarbeiten schwänzen. Später war das dann nicht mehr so einfach… Ich weiß nicht, ob meine Drogenkarriere mit dem codein- und barbitursäurehaltigem Schlaf-Saft begonnen hat, den mir mein Kinderarzt verschrieben hat, mit dem Arzneischränkchen meiner Mutter oder mit dem Weinkeller meines Vaters; Drogen haben viele Gesichter! Die Realität war für mich damals so unerträglich, dass mir jedes Mittel recht war, um mich damit zu betäuben. Meine große Leidenschaft waren Aquarien, auch wenn ich ständig mit den Algen zu kämpfen hatte. Egal, ob es ein Guppy für einige Pfennige oder ein superteurer Zierfisch – diese Tiere haben es mir bis heute angetan. Dann habe ich auch häufig Eidechsen, Feldhamster oder Kaulquappen gefangen und leider häufig zu Tode gepflegt. Wildtiere sollten halt frei sein. Normalerweise können Feldhamster (Schwarzbauchhamster) so groß werden wie Meerschweinchen, aber sie beißen! In der Winterruhe kann man sie aber anfassen – da sind sie friedlich. Meine erste Schallplatte war MFSB Philly Sound, meine erste Zigarette Marlboro, mein erstes Hasch „grüner Türke“, mein erstes Heroin war weiß (H4). Meine erste Freundin (damals 15) – ich war 17 – hatte rote Haare, war Skorpion als Sternzeichen und sie war ein Einzelkind. Ihr Name war Ariane. Wir haben uns gefetzt, dass empfindsame Gemüter sich die Ohren zugehalten haben. Leider war sie in der Kiste nicht so temperamentvoll. Wir waren zusammen mit meinen Eltern in einem schönen Ferienhaus am Atlantik und mit meinem Adoptiv-Vater wollte ich ein Mittagessen angeln – so gab es Fischsuppe mit viel Wein und Weißbrot.

Die Treibjagten, an denen ich häufiger als Treiber teilgenommen habe, waren teilweise lebensgefährlich. Die Schützen haben oftmals gesoffen wie die Löcher und dann mit scharfer Munition in der Gegend herumgeballert. Die Hasen hatten somit eigentlich die gleichen Chancen zu überleben wie die Treiber selbst. Leider haben Schusswaffen auch in meinem Leben eine gewisse Bedeutung gehabt. Ich wollte mich mit 13 Jahren mit einer der Jagdwaffen meines Vaters erschießen, aber das Ding ist nicht losgegangen. Ich hatte 20 Jahre selber eine 9 mm Pistole, aber bis auf eine erschossene Verkehrsampel habe ich nie Unsinn mit dem Ding gemacht. Mit etwa 10 Jahren wollte ich mich auch aufhängen, weil ich mich nach der Ruhe des Todes gesehnt habe, aber ersticken ist ausgesprochen unangenehm und so habe ich mich an dem Seil, an dem ich gehangen habe, wieder hochgezogen bis ich den Ast des Baumes wieder packen konnte. Meine ganze Kindheit war – im Nachhinein betrachtet – schwarz in schwarz. Ich konnte mich über nichts freuen. Es war auch nicht so, dass es in meiner Umgebung keine Menschen gegeben hätte, die es gut mit mir gemeint hätten, aber ich war einfach nicht in der Lage, positive Gefühle zu empfinden. Obendrein hatte ich auch eine lange Phase, in der ich auf Typen gestanden bin. In meiner Zeit an der internationalen Schule habe ich erlebt, was mit ungesicherten Waffen passieren kann. Ich hatte eine Klassenkameradin – Jeanette, sie war blond und bildschön. Leider hat sie nur bedingt englisch gesprochen und ich kein französisch. Jedenfalls hat sie eines Tages in der Schule gefehlt. Unsere Lehrerin hat uns dann erklärt, was passiert war. Jeanette´s kleiner Bruder war krank und ihr Hausarzt hatte einen Hausbesuch bei ihnen gemacht. Aus Spaß hatte ihr kleiner Bruder eine Waffe von der Wand genommen und auf den Arzt geschossen. Der Mann war auf der Stelle tot! Freunde hatte ich nie; entweder bin ich zu egozentrisch oder zu anspruchsvoll – vermutlich beides. Vereine waren auch nicht unbedingt meine Stärke. Meine Adoptiv-Mutter meinte, ich solle Judo lernen – da bin ich dann aber rausgeflogen, weil ich den Lehrer verhauen habe, bzw. ich habe bei ihm die gleichen fiesen Tricks benutzt, wie er bei mir und das hat ihm nicht gepasst! Auch mit einem Fußballverein habe ich es einmal versucht, aber die Maus, die im Halbdunkel über das Spielfeld gerannt ist, fand ich viel interessanter, als den Ball – und das war´s dann auch wieder.

In meiner Kindheit sind wir meistens nach Bayern auf einen Bauernhof gefahren – aus Kostengründen. Meine Eltern waren der Meinung, dass ich mich nicht entsprechend gut verhalten würde für ein gutes Hotel – wie auch, mir hatte es ja niemand beigebracht. Mein Vater hatte sich gerade als Unternehmensberater für Speditionen selbständig gemacht. Häufig hatten wir das Haus abends voller Gäste. Als Kind fand ich das spannend und habe versucht, von den Leuten Geld abzustauben. Ich war ja so süüüüß! Der Preis dafür war, dass mein Vater oft wochenlang unterwegs war und meine Mutter war einfach überfordert. Die „Bestrafungen“ waren häufig Sache meines Vaters. Er war aber niemals brutal! Wenn ich mal wieder etwas angestellt hatte, hat mich mein Alter häufig über´s Knie gelegt und mit einem Hausschlappen verhauen. Auch wenn mir so etwas ins Haus stand, hatte ich niemals Angst – ich war häufig einfach nur froh, wenn mein Vater wieder im Haus war. Nur zweimal ist er zu weit gegangen; einmal hat er aus Wut zugeschlagen und ich bin mit dem Kopf gegen die Heizung geknallt. Er war aber über sich selber erschrocken, was man deutlich gemerkt hat und ihm hat das mehr weh getan, als mir meine Beule. Dann hat er auch mal mit der Schrotflinte auf mich gezielt; aber da hatte ich ihn auch ganz schön provoziert. Ich will meinen Pflegeeltern auch keine Vorwürfe machen; sie waren eben einfach überfordert mit mir. Das einzige, was ich nicht verstehe, ist, warum sie keine Hilfe angenommen haben. Meine kleine Schwester hatte unendlich unter mir zu leiden. Ich begreife bis heute nicht, warum ich sie so lange so gehasst habe. Gott sei Dank habe ich ihr niemals ernsthaft geschadet, obwohl es einmal beinahe soweit gekommen wäre. Alles, was mit Staat zu tun hatte, war für meine Adoptiv-Mutter suspekt; ich vermute, dass das mit ihrer Kindheit im Dritten Reich zu tun hatte. Mein Adopiv-Vater hatte vor einigen Jahren zwei Schlaganfälle und seither durchlebt er immer wieder die Schrecken dieses Krieges.

Geld war für mich auch immer so ein Problem. Von meinen Adoptiv-Eltern habe ich sehr viel davon bekommen, was verhindert hat, dass ich selbständig geworden bin und meine Drogen konnte ich so auch immer finanzieren. Allerdings musste ich deshalb auch keine Straftaten begehen. Jedenfalls standen Geld und Leistung bei mir nie in einem ausgewogenen Verhältnis. Was Macht bedeutet, habe ich gespürt, als ich einige Zeit Heroin verkauft habe. Man kann Menschen Schmerzen zufügen oder dafür sorgen, dass sie die entsprechende Dosis erhalten, um „normal“ weiterleben zu können. Natürlich ist es meistens so gewesen, dass die Kunden kamen, kauften und gingen, aber mit der Zeit habe ich die Leute besser kennengelernt und mit einigen davon habe ich heute noch Kontakt. Eine meiner Kundinnen – Karin – ist die Tochter von einem Bundestagsabgeordneten aus Bayern. Wenn ich sie heute in Frankfurt sehe, fallen mir alle meine Sünden ein. Sie erzählt immer, wie wichtig ihr ihre Freiheit ist und dann zieht sie an der Crackpfeife – Kommentar überflüssig! Sie hat zwei Töchter von zwei verschiedenen Männern. Die zwei Väter sind ganz o.k. und mit einem von beiden bin ich sogar befreundet. Er gibt es zwar nicht zu, aber ich glaube, dass er immer noch an Karin hängt. Er heißt Stefan und leider ist auch er heroinabhängig, aber er führt ein normales, geregeltes Leben, hat ein schönes Haus und fährt einen großen Mercedes. Er arbeitet hart dafür und ich hoffe, dass er bald eine neue Frau findet. Ich glaube, das wichtigste für einen Drogenabhängigen ist es, Verantwortung zu übernehmen. So kann man lernen, an und für andere zu denken und das ist der erste Schritt aus der Abhängigkeit. Wenn man einem Mädchen das Kind wegnimmt, weil sie abhängig ist, verliert sie auch noch den letzten Halt. Natürlich muss man auch das Wohl des Kindes berücksichtigen, aber eine Mutter kann man nicht ersetzen! Ich habe Kinder erlebt, die in einer absoluten Subkultur aufgewachsen sind und die waren nachher die totalen Spießer – z.B. Yvonne und Ingo waren Bert´s Kinder. Als ich etwa 15 Jahre alt war, habe ich mit einer Nachbarin eine Kommune in Oberursel kennengelernt. Hier gab es Drogen im Überfluss, einen Guru (Bert) und das Woodstock-Feeling. Damals habe ich auch meinen Spitznamen bei der Polizei bekommen, der bis heute in meinen Akten steht: „der Weinhändler“. Mit 15 Jahren musste ich wegen häuslichen Auseinandersetzungen neun Monate in die Psychiatrie. In dieser Zeit ist mein damaliger bester Freund Anton an einer Überdosis Heroin gestorben.

Mein Vater hatte – als Abschreibungsfirma – eine Weinhandlung. Ich habe an die Leute jede Menge Wein verkauft und vom Gewinn habe ich dann Haschisch geholt. Auch RAF–Leute haben sich da herumgetrieben. Die RAF in Frankfurt hat auch in Oberursel eines ihrer prominentesten Opfer erschießen lassen. Später kam dann noch die Sache mit Herrhausen in Bad Homburg und die Knastsprengung in Weiterstadt. Herrhausen hatte übrigens am Vortag seines Ablebens den Vorschlag gemacht, die Entwicklungsländer auf einen Schlag zu entschulden, was Deutschland sofort zur führenden Industrienation gemacht hätte. Er soll nach seiner Rede noch gesagt haben, dass ihm die Luft zu bleihaltig wäre und deshalb wolle er gehen. Seine Fahrstrecke wurde auch täglich kontrolliert. Es war also praktisch gar nicht möglich, dass jemand zu dem angegeben Zeitpunkt die Bombe unter der Straße versteckt hat. Ein Glück, dass es die RAF gab! Die RAF war ein Kind dieser Zeit und wer da welche Interessen vertreten hat, wird hoffentlich eines Tages bekannt werden. Die RAF hat jedenfalls innerhalb kürzester Zeit das erreicht, wovon unsere Sicherheitsspezialisten nur träumen konnten. Der Staat hatte so die Vollmachten bekommen, die ohne die RAF niemals  denkbar gewesen wären. Mein Anwalt war auch in die RAF Prozesse verwickelt. Er hat heute mit einem ehemaligen Justizminister eine Gemeinschaftskanzlei.

Das erste Mal, als ich die Weltgeschichte hautnah miterlebt habe, war am amerikanischen Militärflughafen in Frankfurt. Es gibt da jedes Jahr einen Tag der offenen Tür. Da war ich mit meiner damaligen Flamme Diana. Ich habe sie sehr lieb gehabt. Sie war nicht sehr groß, blond und hatte noch etwas Babyspeck, obwohl sie knapp 18 Jahre alt war. Mit ihr war ich vor Inge und nach Ariane zusammen. Wir waren auch mit ihren Eltern mit dem Auto auf Elba, wo alles mit Napoleon zu tun hatte - sogar das Mineralwasser. Bei gutem Wetter konnte man Korsika sehen, aber es ist Gott sei Dank weit genug entfernt, um die politischen Spannungen abzuhalten, die es auf Korsika gab. Nur die Feuer wüteten da öfter und das Makkia (Gestrüpp) brennt wie Zunder. Es gibt aber wunderschöne Mineralien in den Steinbrüchen. Wenn man sich die Mühe macht, dort nachzuschauen, dann kann man schöne Stücke umsonst mit nach Hause nehmen. Jedenfalls waren wir an diesem sonnigen Tag auf der Airbase und haben American Eiscreme geschleckt. Hier wurden dann die unterschiedlichsten Jets ausgestellt und manchmal durfte man sogar probesitzen. Auch Formationsflüge von Staffeln wurden gezeigt (bis Ramstein) und auch italienische und kanadische Jets waren am Himmel. Als dann einige Jets aufeinander zugeflogen sind, hat einer der Flieger angefangen, mit den Tragflächen zu wippen. Er ist dann aus der Formation ausgebrochen und flog Richtung Waldstadion. Hinter einer Baumgruppe konnte man dann nur noch einen Feuerball sehen. Später habe ich dann aus den Nachrichten erfahren, dass das der Raketenantrieb des Schleudersitzes war und nicht das Flugzeug. Die Maschine schlug einige hundert Meter neben dem Wäldchestaggelände auf, wo die Frankfurter in Volksfeststimmung ihren „Frankfurter Feiertag“ (Wäldchestag) feierten. Dabei wurde ausgerechnet die Pfarrersfamilie aus dem Bahnhofsviertel von dem Motor der Maschine erschlagen. Ob das Zufall war, weiß ich nicht und ich will es auch gar nicht wissen! Jedenfalls wurde so einer als einer der gefährlichsten Gegner des organisierten Verbrechens in Frankfurt ausgeschaltet, der durch seinen Beruf zu viele Informationen erhalten hatte. Hiermit meine ich insbesondere die Auswüchse des Drogenhandels; teilweise wurden sogar Kinder von den Prostituierten für den Drogenhandel eingespannt, weil sie noch nicht strafmündig waren. Eine Bekannte von mir, namens Tamara, hat so z. B. für einen der Unterwelt-Bosse, Helmut Brandner, dem inzwischen ein ganzer Straßenzug gehörte, dort Heroin verteilt. Brandner hatte später auch das erste Crack-Haus in Frankfurt, ein Hotel. Hier hatten Dealer die Zimmer gemietet und jeder, der das Hotel betreten wollte, musste an der Rezeption Geld bezahlen, um hinein zu kommen. Dieses Geld ging dann zusammen mit den Mieteinnahmen an Brandner. Außerdem war dieser Pfarrer auch ein scharfer Gegner der Startbahn „18 West“. Dass ich diesen Flugzeugabsturz mit angesehen habe, hat mein ganzes späteres Leben verändert. Seit dieser Zeit passierten Dinge in meinem Leben, die nur den Schluss zulassen, dass das kein Unfall war. Dass ich überhaupt noch am Leben bin, verstehe ich selber nicht so ganz.

Das erste Mal habe ich Heroin geschenkt bekommen. Ich sollte für den „Guru“ Bert Haschisch einkaufen und bin mit einem Kumpel (Lutz) bei einem Dealer an der Frankfurter Zeil gelandet. Der Mann hieß Hermann und war aus Sachsen (was man deutlich gehört hat) und er hatte mehrere Wohnungen. Seine Freundin hatte einen teuren Pelzmantel und seine Drogen waren sehr billig. In der Wohnung stand auch eine Marmorstatue – ein Engel - glaube ich. Vermutlich war der von einem Friedhof geklaut worden. Hermann fehlte auch ein halber Finger. Er war aber nicht sonderlich intelligent und hatte kurze Zeit später eine längere Gefängnisstrafe bekommen. Dafür hatte er aber immerhin Stil, was man von den heutigen Drogenhändlern leider nur selten sagen kann. Das Haschisch, welches ich von ihm gekauft habe, war zwar sehr billig, aber es hat nichts getaugt. Lutz kam auf die Idee, das Zeug mit Hundemedizin zu strecken. Das sah dann zwar ganz gut aus, aber es hat natürlich fürchterlich geschmeckt, weil das Haschisch (Libanese) mit Fischmehl gestreckt war. Bert hielt es zunächst für einen Schimmel-Afghanen. Er war damals mit Ursula zusammen. Sie war etwa zwei Jahre älter als ich und Bert war damals schon Mitte 40. Ursula war jedoch ein Biest – aber darauf komme ich später zurück. Was aus ihr geworden ist, weiß ich nicht, aber sie hat in Frankfurt studiert.

In der Kommune an der Hohemark gab es auch noch den „roten Klaus“. Der Spitzname kam von seinen roten Haaren. Er war damals, wie ich auch, Alkoholiker und mit einem Mädel aus Oberursel zusammen. Ihr Vater war Direktor einer Bank. Zu dieser Zeit hatte ich auch das erste Mal Kontakt mit der Polizei. Ich musste wegen irgendeiner Kleinigkeit zu den Grünen und habe da etwas über die Hohemark erzählt. Zunächst gab es eine erfolglose Hausdurchsuchung bei mir. Ich bin dann mit den Beamten ins Gespräch gekommen und wollte denen einige Kilos zuschustern – das Ergebnis war eine Katastrophe für beide Seiten und bei der Verhandlung hat mein Anwalt den Beamten Nazimethoden vorgeworfen. Die Beamten haben mir fast leid getan, aber die hatten halt Mist gebaut. Das Problem war einfach, dass die Beamten kein Vertrauen zu mir hatten und so kann man halt nicht zusammenarbeiten. Etwa zur gleichen Zeit habe ich meine ersten LSD–Trips genommen. Ich wollte für 20 DM Hasch am Stadtbad Mitte in Frankfurt kaufen. Es gab aber nur LSD und davon hatte ich keine Ahnung. Man hat mir zwei kleine rote „Mikros“ verkauft. Die Dinger waren etwa halb so groß wie Feuersteine. Auf dem Heimweg habe ich dann beide in der Straßenbahn genommen. Ich hatte einen Horrortrip, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Schließlich hat mich meine Adoptiv-Mutter ins Krankenhaus gefahren, wo ich Atosil (Wirkstoff: Promethazin) bekommen habe und langsam ging es dann auch wieder besser. Heute bin ich der Meinung, dass LSD in der Hand eines geschulten Psychologen oder Psychiaters ein wertvolles Medikament sein kann. Während eines solchen Trips werden die Dinge deutlich, die man ganz tief vergraben und verdrängt hat. Jedenfalls kann ich nur davon abraten, mit dem Zeug herum zu experimentieren; ich habe genügend Bekannte, die deswegen lebenslang psychiatrische Behandlung benötigen oder sogar in der geschlossenen Psychiatrie leben.

Neben Alkohol und Hasch habe ich auch jede Menge Psychopharmaka konsumiert, was mir zweimal fast das Leben gekostet hat! Einmal habe ich absichtlich eine Überdosis genommen, um Schuss zu machen. Der Arzt, Dr. Fink, hat mich aber in letzter Sekunde zurückgeholt. Es war ein ganz eigenartiges Gefühl, aber ich war dann doch froh, überlebt zu haben. Das zweite Mal habe ich ein Neuroleptikum namens Dezentan genommen, ohne den „Waschzettel“ zu lesen. Am nächsten Morgen hatte ich ganz schlimme Krämpfe. Mein Rücken hat sich durchgebogen und die Schmerzen waren die schlimmsten, die ich jemals erlebt habe. Strychnin soll so ähnlich wirken. Der Notarzt wusste zunächst nicht, was mit mir los war und ich war kaum noch in der Lage, etwas zu erklären und ich habe erst gar nicht an das Dezentan gedacht. Jedenfalls habe ich dann Valium gespritzt bekommen, das hat dann geholfen. Danach kam ich ins Krankenhaus und nach der 5. Valium-Spritze bin ich dann gegangen. Ich hatte ja selber noch massenweise Valium zuhause. Ein uralter Arzt, bei dem ich auch autogenes Training gelernt habe, hatte die Psychopharmaka kistenweise herumstehen und ich musste mich nur bedienen. Das autogene Training mache ich heute noch. Es hilft mir zur Ruhe zu kommen.

Ich habe nicht gleich nach dem ersten Mal weiter Heroin genommen. Jahrelang habe ich „nur“ Codein und Alkohol konsumiert. Heroin war mir zu stark. Beim ersten Mal habe ich es geschnupft und war fast zwei Tage lang platt. Das zweite Mal war dann etwa vier Jahre später. Ich hatte damals schon meinen Führerschein und hatte in einer „Äppelwoi-Kneipe“ eine ganze Menge getrunken. Dann habe ich einen alten türkischen Schulkameraden namens Mustafa getroffen, der ganz in der Nähe wohnte. Er hat mir meinen ersten Schuss gesetzt und beinahe wäre es auch mein letzter gewesen. Mustafa dachte, dass ich Heroin gewohnt wäre und hat dementsprechend viel für den Schuss aufgekocht. Dann hatte ich auch noch eine ganze Menge getrunken. Mustafa hat dann auch gleich gemerkt, dass es zu viel war, aber ich bin hart im Nehmen. Die Nacht war stürmisch und es hat wie aus Eimern gegossen, als ich mit meinem alten VW Käfer mit Tempo 30 die ca. 50 km nach Hause geschwebt bin. Mir fielen ständig die Augen zu und ich dachte immer nur: “Bitte lieber Gott, lass mich heil nach Hause kommen“. Das habe ich an dem Abend mit Gottes Hilfe auch noch geschafft. Damals war ich noch nicht wirklich gläubig. Ich habe nur gebetet, wenn es mir schlecht ging. Zu Gott habe ich erst später gefunden. Ich musste erst noch viele Dinge begreifen, um zu verstehen, wie wichtig Gott in meinem Leben ist. Leider kann ich hierzu auch niemandem Ratschläge geben. Gott spricht mit leiser Stimme und jede(r) kann sie hören; wenn er (sie) es wirklich will.

Sonntag, 19. Februar 2012

Koks, das war sein letztes Wort

Trinklieder im Karneval

"Koks, das war sein letztes Wort"

Betrunkener beim Rosenmontagszug in Mainz: "Eine neue Leber ist wie ein neues Leben"Zur Großansicht 
dapd
 Betrunkener beim Rosenmontagszug in Mainz: 
"Eine neue Leber ist wie ein neues Leben" 

Von Bruno Schrep  

Jetzt werden sie wieder überall gesungen: Zur Karnevalszeit haben Schlager mit alkoholverherrlichenden Texten Hochkonjunktur. Würden andere Drogen ähnlich gefeiert, gäbe es einen Skandal. Doch selbst Drogenbeauftragte sehen kein Problem in Trinkliedern.

Willy Millowitsch, Volksschauspieler und Oberjeck im Kölner Karneval, gab schon vor über fünfzig Jahren die Richtung vor. "Schnaps, das war sein letztes Wort", sang der 1999 verstorbene Mime, "dann trugen ihn die Englein fort." Der Karnevalsschlager, auch heute noch populär, reiht sich zwanglos ein in die Flut von alten und neuen Suffliedern, die besonders während der Fastnachtszeit von Rundfunkstationen hoch- und runtergedudelt werden, aber auch in der Urlaubssaison als Stimmungsmacher unverzichtbar sind.

 "Eine neue Leber ist wie ein neues Leben", schmettert etwa der Kölner Stimmungssänger Tim Toupet, bekannt auch als "singender Friseur", und Tausende grölen mit. "Wir saufen bis zum Umfall'n, alle machen mit", rockt die Berliner Pop-Band "Die Ärzte", denn "Nüchternheit ist blöd". Auf hessischen Radiosendern wird während der Karnevalstage regelmäßig ein Frankfurter Traditionssong gespielt, vorgetragen in gemütlicher hessischer Mundart: "Ich kauf mir ein Familiengrab und sauf mir dann den Krotzen ab."

Richtig lustig, jedenfalls dann, wenn man ein paar Zahlen ignoriert. Rund 74.000 Deutsche sterben jährlich an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums, etwa 1,3 Millionen gelten als abhängig, zehn Millionen als zumindest suchtgefährdet. Bei rund 30 Prozent aller Arbeitsunfälle ist Alkohol im Spiel, die jedes Jahr durch Missbrauch anfallenden Kosten werden auf 20 Milliarden Euro geschätzt. ...

...

Die eine Sucht wird besungen, die andere verteufelt ...

HIER geht es zum Originalartikel zum weiterlesen
Quelle: Spiegel Online

Mittwoch, 1. Februar 2012

VORSICHT! vor Badesalz und anderen legalen Substanzen


"Badesalz"-Drogen schockieren US-Mediziner

Potentes Rauschmittel: "Badesalz"-Wirkung schockiert Ärzte

Bild:AP

Potentes Rauschmittel: "Badesalz"-Wirkung schockiert Ärzte
Mediziner und Fahnder in der USA warnen vor einer Horror-Droge: Hochpotente Rauschmittel, die als "Badesalz" verkauft werden, breiten sich mit rasanter Geschwindigkeit aus. Ihre Wirkung erschüttert selbst erfahrene Ärzte, mehrere Bundesstaaten haben die Substanzen jetzt verboten.
 
Patienten, die völlig außer Kontrolle sind, Selbstverstümmelungen, Gewalttaten im Rausch: Eine neue Droge beunruhigt in den USA Mediziner und Ermittler. Es handelt sich um "Badesalz" - sogenannte Cathinone, die in kristalliner Form verkauft werden. Wie die "New York Times" berichtet, wird die Droge derzeit in 22 der 50 US-Bundesstaaten völlig legal verkauft - meist in 50-Milligramm-Päckchen für 25 bis 50 Dollar.

Über die Wirkung der im "Badesalz" enthaltenen Substanzen wie Mephedron oder Methylendioxypyrovaleron (MDPV) kursieren wahre Horrorgeschichten [weiterlesen im Originalartikel]...

Quelle: Spiegel Online / mbe

Mittwoch, 18. Januar 2012

Becky – Warum gibt es diesen Blog eigentlich?

Die Hintergründe dafür, dass ich meine Lebensgeschichte mit einer breiten Öffentlichkeit teile 

Ihr kennt mich nicht und ihr seht hier einen Blog, in dem unter anderem eine Ex-Drogensüchtige über ihr Leben berichtet. Denen, die das interessiert, wie es dazu kam, möchte ich es hier gerne erklären.

Eigentlich bin ich sehr menschenscheu und wirklich nicht der Typ, der jedem gleich seine Lebensgeschichte auf´s Auge drückt. Seelen-Striptease ist wirklich nicht mein Ding (darum scheute ich auch immer die ambulanten psychosozialen Drogentherapien). Nachdem ich nach 20-jähriger Sucht den Entzug bei NESCURE gemacht hatte und mich danach im Urlaub auf den Kanaren befand, gingen mir die ganzen letzen Jahre durch den Kopf und ich ließ alles noch einmal Revue passieren. Dabei kam mir der Gedanke, dass es vielleicht Menschen geben könnte, die aus meiner Geschichte irgendetwas lernen oder sich in irgendeiner Art und Weise wiederfinden könnten. Nachdem ich all meine persönlichen Desasters einigermaßen für mich verarbeitet hatte, kam die Wut. Ich dachte an meine Freunde und Bekannte, die an Drogen auf die ein oder andere Art gestorben sind und die sich umgebracht haben, weil sie ihre Sucht-Situation nicht mehr ertragen konnten. Hätten die doch nur auch diesen Entzug gemacht! Ich bin davon überzeugt, dass sie alle diesen Entzug dort geschafft hätten! So viele von ihnen könnten noch leben und ich hätte noch Freunde und keine Angst, mich auf neue einzulassen. Gut, mir wurde klar, dass ich die Vergangenheit nicht ändern kann, aber vielleicht ein ganz kleines bisschen die Zukunft!
 

Mir ließ der Umstand keine Ruhe mehr, dass diese hilfreiche Methode, von Drogen loszukommen, kaum bekannt ist! Hätte mich der Hessische Bajuware nicht davon überzeugt, dann hätte ich es bis heute nicht versucht und wäre immer noch voll dabei! Und der ist auch wiederum eher durch Zufall darauf gekommen. Da schon immer auch ein kleiner Rebell in mir steckt, gepaart mit dem Bedürfnis, Menschen zu helfen, bzw. mir Sorgen um sie zu machen, habe ich beschlossen, dass doch mehrere Leute erfahren sollten, dass es eine Entzugs-Methode gibt, die sogar mir als scheinbar hoffnungslosen Fall helfen konnte! Eine Methode, die nicht an irgendwelche dämliche Zwänge und Vorschriften gebunden ist, wie viele Therapien, die ich schon immer abgelehnt habe, und die vor allem nur so kurze Zeit in Anspruch nimmt und noch dazu nicht all zu viel Kraft kostet, weil man kaum Entzugserscheinungen spürt! Nun, die Toten kann ich nicht zurück holen, aber es gibt mit Sicherheit viele Drogensüchtige, die ich zwar nicht kenne, aber um die es auch ewig schade wäre, wenn sie daran zugrunde gehen würden, nur weil der Absprung auf konventionelle Art so verdammt schwer bis unmöglich ist!
 
Schließlich habe ich mich im Internet auf die Suche begeben nach Statements oder Berichten von den mittlerweile sicherlich schon vielen Menschen, die bereits mit dieser Methode entzogen haben und ich habe da – außer den Erfahrungsberichten auf der Seite von NESCURE selbst oder der Schweizer Seite – nichts gefunden! Alle, die den Entzug mit uns durchgezogen haben, waren davon total überrascht und begeistert und ich fragte mich natürlich, warum da nichts im Netz darüber zu finden ist. Ich glaube, dass alle, die ihre Drogenzeit durch diesen Entzug hinter sich gelassen haben, nichts mehr davon wissen wollen. Sie sind viel zu beschäftigt damit, endlich ihr Leben zu leben und wieder in Ordnung zu bringen und wollen sich natürlich nicht auch noch im Nachhinein als Ex-Drogensüchtige outen. Sie wollen sich damit einfach nicht mehr beschäftigen, denn sie haben ihr Interview und ihre Meinung ja bei NESCURE bereits abgegeben (die meisten anonym) und wollen nun ihr Drogenleben davor vergessen. Das ist ja auch mehr als verständlich! Die Anonymität hilft mir hier ja auch, um so offen über mein Leben schreiben zu können und ich tue es irgendwie auch für mich selbst, um das alles endgültig verarbeiten zu können. Außerdem war ich auch noch nie der „Nach-mir-die-Sintflut-Typ“ und ich kann eben auch nicht aus meiner Haut…
 

Logischerweise ist mir schon klar, dass das hier nicht jeder glauben wird oder sich das vorstellen kann (konnte ich ja auch viel zu lange nicht), aber zumindest kann ich meine Erfahrungen mit der NESCURE-Methode hier bekannt machen und vielleicht kann der ein oder andere durch meine Geschichte auch ein neues Leben anfangen! Das ist auch der Grund dafür, dass ich meine fast letzte Geschichte jetzt schon veröffentlicht habe, da für Manche jeder Tag zählt! Verdammt, es gibt etwas, das vielen helfen kann und kaum einer weiß davon! Was in meiner Möglichkeit steht, möchte ich tun, um diesen Umstand zu ändern, damit immer mehr von dieser Entzugsmethode erfahren und sich hoffentlich auch viele darauf einlassen. Scheiß auf den Staat! Scheiß auf die Pharma-Lobby! Scheiß auf Entzugskliniken! Wir (Ex-) Süchtige und Drogenkonsumenten müssen doch zusammen halten! Und wer weiß? Vielleicht gibt es irgendwann einmal den Zeitpunkt, an dem das auch die Krankenkassen einsehen und dafür bezahlen. Je populärer die NES-Entzugs-Methode wird und je mehr Leute das in Anspruch nehmen, desto größer ist die Chance, dass auch die Krankenkassen irgendwann nicht mehr an der neuro-elektrischen Stimulation vorbeikommen! So, jetzt kennt ihr alle Hintergründe. Ich bin ein ehrlicher Mensch und ich schreibe hier lediglich meine Erfahrungen und alles, was ich im Laufe der Zeit bei meinen Freunden und Bekannten beobachtet habe, in der Hoffnung, dass jemand etwas damit anfangen kann und selbst, wenn nicht, dann ist es hoffentlich wenigstens unterhaltsam…

… und nun noch ein Zitat in eigener Sache, das ich mein Leben lang schon so gut finde, dass ich es unbedingt hier einmal einbringen möchte:

„Es ist ein unerträglicher, ja verbrecherischer Hochmut, wenn ein Mensch über die Existenz eines anderen Menschen sagt, sie sei sinnvoll oder sie sei sinnlos.
 
Niemals werden wir verwirrten, ohnmächtigen Wesen, die wir auf der Erde herumkriechen, das entscheiden können.
 
Und niemals werden wir wissen, welche Bedeutung, welche unerhörte Bedeutung – sogar oder gerade – ein Mensch in seiner tiefsten Erbärmlichkeit haben kann.“ 

von Johannes Mario Simmel

Liebe Grüße,
Becky 


© Drogenweltblog 2012

Samstag, 14. Januar 2012

Chronisch (Sucht-) Kranke werden kriminalisiert, Pädophile werden von Polizei und Gerichten geschützt! Deutschland, wie arm bist Du?

Drogen- statt Kinderpornofahndung

von Hans Cousto 

In Deutschland wurde die Öffentlichkeit in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem Begehren einer erweiterten Telekommunikationsüberwachung des öfteren mit äußerst fragwürdigen Argumenten getäuscht. Allen voran ist hier Ursula von der Leyen, von 2005 bis 2009 Familienministerin, zu nennen. Sie machte umstrittene Vorstöße zur Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt. Von der Leyen nannte regelmäßig falsche Fallzahlen und behauptete, es gebe eine regelrechte „Kinderpornoindustrie“. Stephanie Anna Charlotte Freifrau von und zu Guttenberg sekundierte ihr dabei in der der RTL-2-Sendung „Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder“. Am 5. April 2011 beschloss die Bundesregierung, das heftig umstrittene Zugangserschwerungsgesetz aufzuheben.

Wie wichtig die Telekommunikationsüberwachung für die Bekämpfung von Kinderpornographie und Terrorismus in Wirklichkeit ist, offenbart die Justizstatistik des Bundesministeriums für Justiz. Die Anzahl der Überwachungsanordnungen (Maßnahmen nach § 100a Strafprozessordnung) bezüglich Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet) lag im Jahr 2010 bei insgesamt 20.398. Im Jahr 2009 lag die Anzahl bei 20.358 und im Jahr 2008 bei 16.463. Darin nicht enthalten sind Abhörmaßnahmen der Polizei zu präventiven Zwecken und die nicht von der Justiz kontrollierten Eingriffe der Nachrichtendienste in das Fernmeldegeheimnis. Den Jahresübersichten des Bundesministeriums für Justiz kann entnommen werden, aufgrund welcher einzelnen Katalogtat des § 100a Strafprozessordnung die Überwachungen angeordnet wurden. Die meisten Abhörmaßnahmen wurden wegen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgrund von § 100a Abs. 2 Nr. 7a und Nr. 7b StPO angeordnet. Im Jahr 2010 wurden hierzu 6.880 Fälle registriert (33,73% aller Fälle). Im Jahr 2009 waren es 7.174 Fälle (35,24% aller Fälle) und im Jahr 2008 waren es 5.498 Fälle (33,40% aller Fälle). Im Zusammenhang mit der Verbreitung, dem Erwerb und dem Besitz von Kinderpornographie wurden im Jahr 2010 lediglich 19 Fälle registriert (0,093% aller Fälle). Im Jahr 2009 waren es ebenfalls 19 Fälle (0,093% aller Fälle) und im Jahr 2008 waren es 14 Fälle (0,085% aller Fälle).Kinderpornographie spielte in den letzten Jahren bei der Telekommunikationsüberwachung in der Praxis nur eine marginale Rolle, ganz im Gegensatz zur medialen Berichterstattung bezüglich dieses Themenkomplexes.........

Quelle: TAZ.de

Donnerstag, 12. Januar 2012

Becky - Der Anfang vom Ende: Der erste Kontakt mit Heroin und der Beginn einer 19-jährigen Beziehung

Die Sorge um meine drogensüchtigen Freunde, Neugierde und Resignation ließen mich selbst Heroin ausprobieren

Es war Sommer 1987 und ich hatte mit meinen 16 Jahren gerade die größte Enttäuschung hinter mir, die man sich vorstellen kann, weil mein Freund Matthias sich von mir getrennt hat, da er plötzlich mit meiner besten Freundin Sabrina zusammen war (siehe: Becky - Verrat, Betrug, Verlust und einschneidende Veränderungen führten letztendlich in den Drogensumpf). Meine Mutter war von ihrem neuen Freund schwanger und deshalb sehr verunsichert. Es ging alles drunter und drüber. Die Abschlussprüfungen in der Realschule hatte ich nun Gott sei Dank hinter mir und damit die Mittlere Reife in der Tasche. Bewerbungen hatte ich schon einige geschrieben, unter anderem auch eine an das Landratsamt in unserer Kreisstadt für einen Ausbildungsplatz als Verwaltungsfachangestellte. Auf diese Idee kam ich eigentlich nur, weil mein Opa dort Oberamtsrat war (aber mittlerweile schon einige Jahre in Pension) und auch dort sein Leben lang gearbeitet hat, worauf er sehr stolz war. Ursprünglich hätte auch mein Vater dort arbeiten sollen, aber der schmiss damals seine Ausbildung in der Handelsschule, wie es damals noch hieß, weil er – ganz zum Ärgernis meiner Großeltern – mit meiner Mutter zusammen kam und auf ein Ausbildungs-Gehalt keine Lust hatte und gleich richtig arbeiten und viel Geld verdienen wollte. Das nahmen ihm meine Großeltern noch immer übel und sie hassten meine Mutter auch deshalb. Obwohl meine Eltern bereits geschieden waren, fühlte ich mich irgendwie dazu verpflichtet, mich dort zu bewerben. Ich glaubte schon immer an das Schicksal und dachte, dass schon alles so geschehen wird, wie es für mich vorgesehen ist. Naja, um der Wahrheit die Ehre zu geben, tue ich mich schon mein Leben lang sehr schwer mit Entscheidungen und da liegt es nun mal nahe, das Schicksal für mich entscheiden zu lassen. Ich nenne es Schicksal, andere Zufall oder göttliche Fügung, aber darauf kommt es ja nicht an. Schließlich kam eines schönen Tages ein kleiner Brief vom Landratsamt mit einer Einladung zum Vorstellungsgespräch und ich bekam dort tatsächlich die Ausbildungsstelle. Im Grunde wollte ich damit meinen Großeltern und meinem Vater eine Freude machen, die bis dahin noch nichts von dieser Bewerbung wussten. Ich wollte nicht, dass mein Opa da womöglich seine Kontakte spielen lässt. Wenn es so sein sollte, dass ich dort eine Ausbildung mache, dann aus eigener Kraft, denn es sollte ja das Schicksal entscheiden. Tja, sie waren begeistert, dass ich jetzt in dieser Behörde meine Lehre absolvieren würde und irgendwie war es auch eine Genugtuung für meinen Vater, dass wenigstens seine Tochter in den Augen seiner Eltern kein Versager war. Meine Familie mütterlicherseits und auch ich waren zumindest darüber erleichtert, dass ich überhaupt eine Ausbildungsstelle bekommen habe. Dass der Job in einem Amt im öffentlichen Dienst zu meiner Persönlichkeit so überhaupt nicht passte, wurde mir erst später bewusst.

Zuerst standen nun aber erst einmal die Ferien an, bevor der Ernst des Lebens begann. Als ich mich wieder einmal allein in der Stadt herumtrieb, hörte ich plötzlich Gitarrenklänge an der Mariensäule, die sich in der Mitte unserer Stadt befindet. Auf der Treppe an dieser Säule saß ein Mann und spielte auf seiner Gitarre. Ich setzte mich dazu und wir kamen schließlich ins Gespräch. Er hieß Georg und hatte mit seinen Eltern in unserer Stadt einen Geflügelbetrieb, also eine Brüterei. Es stellte sich heraus, dass Georg auch kiffte und so gingen wir zur Mauer hinter der Kirche und rauchten erst einmal einen Joint zusammen. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut und er hatte in vielen Dingen die gleiche Einstellung wie ich. Er war zwar fünf Jahre älter als ich, aber das störte überhaupt nicht. Er spielte noch etwas auf seiner Gitarre und wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Von da an trafen wir uns regelmäßig. Ich besuchte ihn in der Brüterei und wir fuhren auch mal ins Kino, als dort „Hair“ lief! Ich konnte super mit Georg über alles reden und ich hatte das Gefühl, dass er mich versteht. Er erzählte mir, dass er ein Problem mit Heroin hat und dass er zwar noch nicht körperlich süchtig danach ist, aber er einfach nicht die Finger davon lassen kann. Außerdem hatte er auch dem Alkohol sehr zugesprochen und gelegentlich merkte man ihm schon an, dass er ein paar Bier zu viel erwischt hatte. 
Heroin
Ich fand es schade, dass so ein netter Kerl heroinsüchtig war und wollte ihm unbedingt irgendwie helfen, aber mehr, als ihm gut zuzureden und ihn abzulenken, konnte ich eigentlich ja auch nicht tun. Jedenfalls machte ich mir große Sorgen um ihn. In meiner Anwesenheit hat er aber nie Heroin konsumiert; wir haben nur immer zusammen gekifft. Ich sah Georg hauptsächlich als Freund, obwohl ich mir schon auch mehr vorstellen konnte. Offenbar wollte auch Georg mehr als nur Freundschaft von mir. Er war sehr witzig und manchmal hing an meinem Fahrrad ein Brief von ihm, in dem er beispielsweise seine Absichten in einer Art Partnerschaftsanzeige, wie sie in Zeitungen stehen, formulierte: „Hase sucht Häsin, mit der er sein Leben verbringen kann und die auch gerne mit in den Stall geht“. Da ich Ferien hatte und Geld brauchte, half ich ihm öfter dabei, die Brut-Maschinen zu säubern. Das sind so große Kästen mit Stahl-Streben und man konnte da nur hineinklettern, wenn man klein und sehr gelenkig war. So verdiente ich mir etwas Geld und konnte auch tagsüber Zeit mit ihm verbringen. Es war aber schon eine äußerst anstrengende und schmutzige Arbeit. Nach einer solchen Reinigungsaktion schnäuzte ich immer noch drei Tage lang diesen schwarzen Staub. Gesund ist sowas sicher nicht, aber die süßen Küken entschädigten dafür. Er hatte auch ein paar Puten, Perlhühner, Rebhühner und noch viel mehr an Vogel-Getier. Aus den Ställen sammelte ich immer die schönsten Federn ein, die ich mir dann in meine Haare einflocht. Es war eigentlich eine schöne Zeit mit Georg, aber er sagte mir immer deutlicher seine Absichten. Er mochte so bald wie möglich eine Partnerin, die ihm dann auch schnellstens einen Sohn schenken sollte, der dann später den Geflügelbetrieb übernehmen wird, so wie er es schon getan hat. Ich war gerade erst 16 Jahre alt und total überfordert mit einer so konkreten Zukunftsplanung. Außerdem habe ich mir als Kind schon immer vorgenommen, dass ich niemals heiraten würde und keine Kinder bekommen möchte. Beides habe ich übrigens bis heute eingehalten. Leider habe ich außer bei meinen Großeltern überhaupt keine Beispiele aus meinem Bekannten- und Verwandtenkreis, bei denen die Ehen gehalten hätten und so sah ich nicht viel Sinn in einer Heirat. Abgesehen davon war ich auch skeptisch, wie das mit Georg laufen würde, wenn er Kinder hat, weil er doch drogensüchtig war! Letztendlich sagte ich ihm, dass ich dazu nicht bereit war und damit waren die Fronten dann auch geklärt und wir waren eben nur Freunde. Außerdem finde ich es auch schrecklich, wenn man ein Kind bekommt, also einen Sohn, nur damit er später einmal den Familienbetrieb übernehmen soll. Wenn er nun Arzt oder Maurer werden möchte, dann käme das gar nicht in Frage. So ein Familienbetrieb und diese Tradition an sich ist schon etwas Schönes, aber es sollte nicht so ein Zwang dahinter stecken. Außerdem hat ja vielleicht auch eine Tochter Lust dazu, den Geflügelbetrieb zu übernehmen und die dürfte dann nicht, weil sich das eben für ein Mädchen nicht gehört. Das sind doch Einstellungen wie im Mittelalter! So viele Zwänge und Vorbestimmungen über noch nicht einmal geborene Leben wollte ich nicht akzeptieren. Tja, aber was soll ich sagen? Einige Monate später hatte Georg eine Freundin gefunden, die ihm dann im Laufe der nächsten Jahre erst drei Mädchen (!) geschenkt hatte, bis sie dann endlich einen Sohn bekam! Na Gott sei Dank ist dieser Kelch an mir vorüber gegangen! Naja, man kann im Grunde nicht sagen, ob es für mich nicht im Endeffekt besser gewesen wäre, wenn ich mich auf dieses „Abenteuer“ so früh eingelassen hätte. Zumindest wäre mein Leben ganz anders verlaufen, aber ich könnte heute nicht über meine Drogen-Erfahrungen schreiben, das steht fest. Trotzdem wäre ich unter diesen Voraussetzungen mit Sicherheit nicht glücklich geworden!

Die ganze Zeit über ging mir aber auch Stefan nicht aus dem Kopf. Er war ja quasi der Dealer von Matthias und seit der mit mir Schluss machte, habe ich auch Stefan nicht mehr getroffen. Ich fühlte mich schon immer zu Stefan hingezogen. Er wirkte so verwegen und wild mit seinen zweifarbigen Haaren (oben rot und unten schwarz bei glatten halblangen Haaren; „Vokuhila“ eben – damals sehr modern und ihm stand das auch sehr gut) und natürlich war er auch durch die Tatsache für mich interessant, da er mit Drogen aller Art zu tun hatte (was aber nicht der Hauptgrund war, ihn sehen zu wollen, nur ein praktischer Nebeneffekt). Für Drogen interessierte ich mich schon noch sehr; ich hatte nur ein Problem damit, wenn andere Menschen, an denen mir etwas lag, darunter litten. Den Drogenkonsum sah man Stefan allerdings auch schon an. Er war sehr dünn und hatte enorme Augenringe. Ich hatte schon immer eine Schwäche für die „bösen Jungs“, viel mehr als für die braven oder normalen Typen. Stefan hielt sich leider nie lange bei Matthias auf und war dauernd im Stress durch seine Drogengeschäfte, so dass ich eigentlich nicht wirklich viel über ihn wusste, nur die paar Geschichten, die mir sein Freund Harry erzählte (siehe: Becky – Verrat, Betrug, Verlust und einschneidende Veränderungen führten letztendlich in den Drogensumpf). Ich wollte Stefan unbedingt wieder treffen und so beschloss ich, ihn einfach einmal anzurufen. Damals gab es noch keine Handys. Ich wusste nur seinen Namen und dass er im Nachbardorf wohnte (in dem auch der Hessische Bajuware aufgewachsen ist). So wälzte ich das Telefonbuch und musste feststellen, dass es mit dem Nachnamen ganze fünf Einträge in dieser Ortschaft gab. So dachte ich wieder, dass doch das gute alte Schicksal entscheiden soll. Ich sah mir die Telefonnummern an und entschied mich aus dem Bauch heraus kurzerhand für eine der Nummern, welche ich dann mit zitternden Händen wählte. Ich war doch so schüchtern und sehr aufgeregt, weil ich gar nicht wusste, wie er wohl reagieren würde und ob er überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte. Plötzlich ging eine Frau ans Telefon und ich fragte einfach, ob Stefan da sei. Sie bejahte dies und rief ihn. Es stellte sich heraus, dass Stefan mit seinem Bruder Markus und seiner Mutter in einem Haus zusammen wohnten. So, das Schicksal hatte also wieder einmal gesprochen, dachte ich und war etwas erstaunt, dass sich mein Bauchgefühl auf Anhieb für die richtige Telefonnummer entschieden hatte. Es sollte also so sein, dass ich Stefan besser kennenlerne. Mir schnürte es fast die Kehle zu vor lauter Aufregung, als ich seine Stimme hörte. Ich erklärte, wer ich war - nämlich die Ex-Freundin von Matthias - und fragte ihn, ob wir uns mal treffen könnten, weil ich etwas zu rauchen bräuchte. Das war der beste Vorwand, der mir einfiel, um ihn wieder zu sehen und außerdem wollte ich ja tatsächlich was zu rauchen, was ich mittlerweile aber auch von anderen Leuten bekommen hätte können. Tja, jetzt musste ich selber für meine Drogen sorgen. Die Zeiten waren ja nun vorbei, in denen ich bei Matthias mitrauchen konnte. Stefan sagte sofort zu und wir verabredeten uns für den Nachmittag des nächsten Tages.

Er kam pünktlich mit seinem gelben BMW um die Ecke geschossen. Ich war sehr aufgeregt und stieg in sein Auto ein. Ich weiß noch, dass es ein schöner, sonniger Tag war und wir fuhren zu so einem kleinen Tunnel an der Amper am Stadtrand und er baute erstmal einen Joint für uns. Dann unterhielten wir uns lange und sehr gut über Gott und die Welt und hörten Musik. Im Gegensatz zu den sonstigen Treffen, bei denen ich ihn mit Matthias getroffen habe, weil er ihm Cannabis oder LSD verkaufte und er immer gleich wieder weg musste, nahm er sich dieses Mal sehr viel Zeit für mich. Wir fuhren etwas spazieren und dann parkte er in einem Wald, wo wir den nächsten Joint rauchten. Er hatte zu dieser Zeit sehr gutes Marihuana dabei und er baute immer von seinem Zeug und nicht von dem, welches er mir für meine 50,00 DM gegeben hatte. Natürlich erzählte ich ihm auch von der großen Enttäuschung mit Matthias und Sabrina und ich fühlte mich mehr und mehr zu ihm hingezogen. Eigentlich war ich schon sehr verknallt in ihn. Schließlich küssten wir uns im Auto, als auf einmal ein paar Spaziergänger des Weges kamen. Stefan fragte mich, ob ich Lust hätte, mit zu ihm nach Hause zu kommen. Ich wusste, worauf das hinaus laufen würde und bejahte dennoch seine Frage. Es waren Ferien und ich durfte ja schon mit 15 Jahren bei Matthias übernachten, wenn ich keine Schule hatte. Die Pille nahm ich ja auch schon seit einigen Monaten, nachdem ich die „Pille danach“ schlucken musste, weil das verdammte Kondom bei Matthias damals platzte. So musste ich auch nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt zuhause sein und solange ich meiner Mutter Bescheid sagte, dass ich nicht oder erst später nach Hause kam, war das für sie auch in Ordnung. So fuhren wir zu ihm und mittlerweile war es bereits Nacht geworden. Eigentlich war ich nie der Typ, der schon beim ersten Treffen quasi mit einem in die Kiste sprang (bis dahin hatte ich erst zwei feste Freunde gehabt und auch mit genau so vielen Menschen hatte ich bis dato auch Sex), aber ich wollte nichts falsch machen und dachte, dass ich ihm so wenigstens einmal nahe sein konnte. An eine feste Beziehung dachte ich eigentlich gar nicht, denn ich habe noch nie mitbekommen, dass er eine feste Freundin gehabt hätte und wusste, dass er eher ein paar lockere „Beziehungen“ zu einigen älteren (drogensüchtigen) Frauen pflegte. In seinem Zimmer stand nur eine Tischplatte auf ein paar Ziegelsteinen auf dem Boden und in der Ecke lag eine Matratze. Die Wände waren weiß und hellblau diagonal gestrichen und es hingen zwei kleine Dali-Bilder an den Wänden. Ansonsten war sein Zimmer ziemlich leer, bis auf einen Fernseher, der ebenfalls auf dem Boden stand und eine Stereoanlage. Seine Mutter war wohl nicht begeistert, dass er Besuch dabei hatte; das konnte ich in seinem Zimmer im ersten Stock hören, als er im Erdgeschoss kurz mit ihr gesprochen hatte, während er etwas zu trinken für uns holte. So unterhielten wir uns noch etwas, rauchten einen weiteren Joint und dann schliefen wir miteinander – drei mal hintereinander mit kurzen Pausen dazwischen! Diese Art von Sex hatte ich bisher noch nie erlebt! Genau genommen wusste ich bis dahin noch nicht einmal, dass Sex überhaupt öfter als einmal am Tag möglich war! Ich war also sehr zufrieden und glücklich, als Stefan mich dann gegen ca. 3:00 Uhr früh nach Hause fuhr. Ich gab ihm noch meine Telefonnummer und wir verabschiedeten uns mit einem Kuss. Erschöpft schlief ich ein und ich dachte das erste Mal nicht mehr an Matthias und Sabrina.

Zwei Tage später rief mich Stefan an und wir trafen uns dann immer öfter. Er holte mich gewöhnlich mit dem Auto bei mir zuhause ab und er weihte mich nach und nach auch immer mehr in seine Drogengeschäfte und seinen Konsum ein. Er verkaufte und nahm sehr viele LSD-Trips und er hatte auch schon des Öfteren Heroin geschnupft, erzählte er mir. Ich genoss die Zeit mit ihm und als ich eines Nachts bei ihm übernachtete, kamen früh morgens Chris und Harry bei ihm vorbei. Harry staunte nicht schlecht, als er mich plötzlich im Bett (bzw. auf der Matratze) von Stefan sah! Chris war zu der Zeit Stefan´s bester Freund und zwar kannte ich ihn bis dahin noch nicht persönlich, aber er war mir bereits vom Hörensagen als Drogendealer unserer Gegend wohl bekannt. Chris fuhr mich an diesem Morgen nach Hause mit seinem fetten Mercedes und er versuchte mit seiner rasanten Fahrweise sofort, bei mir Eindruck zu schinden. Chris war eben auch ein „böser Junge“ und da er einer der besten Freunde von Stefan war, habe ich auch versucht, so cool wie möglich zu bleiben.