Sonntag, 23. Oktober 2011

Becky - Als der nette Kollege, der Methamphetamin herstellte, plötzlich total durchdrehte


Warum Methamphetamin so gefährlich ist

Heute erzähle ich wieder eine Geschichte, die chronologisch zwar nicht hier her gehört, weil sie sich vor ca. 7 Jahren - also 2004 - zugetragen hat, aber diese Erfahrung ist vielleicht eine Mahnung und Warnung für andere Menschen.

Es war im Sommer ein Jahr vorher, als ich im Institut für Landwirtschaft in unserer Kreisstadt L. als Sekretärin zu Arbeiten angefangen habe. Es war sehr ungewohnt für mich, als Sekretärin zu arbeiten (vorher war ich immer Sachbearbeiterin und hatte mein eigenverantwortliches Aufgabengebiet) und alle Chefs waren Doktoren. Ganz in der Nähe meines Büros war das Labor, in dem der etwa 23-jährige, nette und aufgeweckte Chemielaborant Hagen arbeitete. Da er auch Raucher war und in diesem einen Laborbereich geraucht werden durfte, hielt ich mich dort immer in meinen Raucherpausen auf. So kam ich mit Hagen also immer öfter ins Gespräch und wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Schon ziemlich bald fanden wir heraus, dass wir beide den Drogen nicht wirklich abgeneigt waren. Er hatte zwar noch nie mit Heroin zu tun, aber gekifft hat er auch und er züchtete sich so psychoaktive Pilze selbst daheim. Außerdem hat er schon öfter Koks, Speed und Ecstasy genommen, was es in der Nähe von Hannover scheinbar in Massen gab, wo er eigentlich zuhause war und wo er ab und zu seine Eltern besuchte. Es dauerte nicht lange, bis wir uns alles Mögliche erzählten und uns auch total vertrauten. Er wurde schließlich zu einem guten Freund, denn in meiner Freizeit hatte ich ja zu dieser Zeit nur Kontakt zu meinem langjährigen Freund Stefan, der auf mich zuhause wartete und meist durch seinen Alkohol- und Tablettenkonsum sehr aggressiv war. Mit Hagen konnte ich mich einfach so gut unterhalten. Er war sehr gebildet und wir sprachen nicht nur über Drogen, sondern auch über Politik, Umweltschutz und Gott und die Welt. 

Methamphetamin, Meth, Crystal
Nach einiger Zeit zeigte mir Hagen eine Seite im Internet, die er gefunden hatte und in der unter anderem auch beschrieben wurde, wie man Methamphetamin (meist als „Crystal“ oder „Meth“ bezeichnet) herstellt. Auf dieser in Englisch geschriebenen Seite war auch eine Anleitung zum Bau einer Bombe zu finden oder die Anweisung dafür, wie man andere Computer hacken kann oder Trojaner, bzw. Computer-Viren programmiert. Jedenfalls war die Idee bei Hagen geboren, dass doch mit den Möglichkeiten, die er durch den freien Zugang zu sämtlichen Labors samt Gerätschaften hatte, die perfekten Voraussetzungen dafür gegeben sind, selbst Methamphetamin herzustellen. Er brauchte zwar noch ein paar wenige Dinge, die er nicht in der Arbeit zur Verfügung hatte, wie z.B. Tabletten mit einem hohen Ephedrin-Gehalt (was der Grundstoff zur Synthese des N-Methylamphetamins ist) und roten Phosphor (wenn man nicht tagelang das rote Ende von Streichhölzern abkratzen und sammeln wollte). Die Ephedrin-Tabletten holte Hagen bei sämtlichen Apotheken, die es in der Stadt gab. Er verlangte da immer bestimmte Tabletten gegen Bronchitis und Schnupfen, welche rezeptfrei erhältlich waren. Auch in manchen Appetitzüglern ist Ephedrin zu finden. Was den roten Phosphor anging, war die Beschaffung schon etwas schwieriger. Wir fanden schließlich in einem nicht so bekannten Auktions-Portal im Internet ein Angebot über etliche Gramm roten Phosphor, welchen er sofort bestellte. 

Als Hagen schließlich alle Zutaten beisammen hatte, konnte es losgehen und er arbeitete hauptsächlich am Wochenende in seinem Labor daran. Obwohl die Voraussetzungen und Geräte dafür optimal waren, dauerte die Herstellung einige Tage. Schließlich musste das Ganze, als es fertig war, erst für einige Zeit in einen Gefrierschrank, in dem es sich dann nach und nach kristallisierte. Diese durchsichtigen Kristalle war dann schließlich auch das sauberste und perfekteste Meth, bzw. Crystal, denn man wusste ja genau Bescheid über die Inhaltsstoffe und dass es pur und in keinster Weise gestreckt war. Ich wusste nicht genau, wie viel Gramm er davon wirklich herstellte und er setzte ja auch ständig neues an.

Er gab mir immer wieder einige Gramm kostenlos davon ab und ich muss schon sagen, dass es irgendwie viel stärker wirkte, als das Speed, das ich bis dahin kannte. Es war für mich auch das erste Mal, dass ich Crystal nahm. Ich konsumierte nie besonders viel davon, weil ich schon merkte, dass es so stark wirkt und es mit Bedacht zu gebrauchen ist. Außerdem nahm ich ja gleichzeitig mein Methadon, welches die Wirkung vielleicht auch etwas relativierte. Ich konnte super und konzentriert arbeiten und war topfit und ausdauernd (Überstunden machten mir gar nichts mehr aus), aber ich war auch ganz schön aufgedreht und ich brauchte kaum mehr Schlaf noch Essen. Abgesehen davon war das Sexualleben zwischen Stefan und mir wieder ziemlich aufregend und ausdauernd (ich brachte ihm natürlich auch immer was davon mit), was für uns damals ganz untypisch war, weil ansonsten das Methadon die Libido ziemlich lahm legte. Wie viel Hagen selbst vom Crystal nahm oder auch verkaufte, wusste ich nicht und ich sah auch auf Anhieb keinen Zusammenhang darin, dass er plötzlich von etwas anderen Dingen erzählte, als früher.


Die meiste Zeit sprach er nun über Verschwörungen, an die er glaubte, z.B. die Sachen, die man über die Illuminaten lesen kann und das Attentat auf Kennedy und auf das World Trade Center. Dass die „Eine-Welt-Regierung“ angestrebt wird, was die Illuminaten schon 1761 in die Wege leiteten und es heute halt „UNO“ heißt, aber das Ziel das Gleiche bleibt. Englisch wird zur Weltsprache, eine einheitliche Währung (zumindest in Europa ist die Währung ja schon einheitlich) wird eingeführt und es eben nur noch eine Regierungsform und am Ende nur noch einen Herrscher geben wird. Eine Weltdiktatur sozusagen und wir stehen kurz davor. Das Letzte, womit er sich beschäftigt hat (und wenn er sich einmal für etwas interessierte, dann wollte er immer alles darüber wissen, was als Chemiker vermutlich auch zu seinem Charakter gehörte), war die Gedankenkontrolle, „Mind-Control“. Er sagte in einem meiner letzten Gespräche, die ich mit ihm führte, dass es durch diese Methode, Gedanken zu kontrollieren, möglich sei, Menschen so zu beeinflussen oder auch zu hypnotisieren, um sie für die eigenen Zwecke einzusetzen. Er nannte das Beispiel der belgischen Politikerin, die letztes Jahr einem Attentat zum Opfer fiel. Warum? Ja, weil sie gegen die EU war - und somit den Weg zur „Eine-Welt-Herrschaft“ aufgehalten oder verzögert hätte. Der Attentäter war ein junger Mann, der nicht einmal wusste, warum er das gemacht hat. Er hatte Stimmen gehört, die ihm das befohlen haben! Und das wäre typisch für die Gedankenkontrolle. Man bekommt einen Anruf, wird durch irgendein Schlüsselwort „aktiviert“ und tut irgendetwas, was man normal nie machen würde. Dann kommen die in eine psychiatrische Anstalt und die Psychiater haben dafür den schönen Namen „Identitätskrise“. Für alle anderen wird man für verrückt erklärt und so ist man keine Gefahr mehr, weil keiner einen mehr ernst nimmt, wenn man danach doch noch was von irgendwelchen Gedankenkontrollen oder Verschwörungen erzählen würde. Solche Gedanken hatte Hagen dann ständig und das wuchs sich fast zu einer Paranoia aus. Er glaubte schließlich, dass irgendwelche Leute aus der Regierung, denen er mit seinen „Enthüllungen“ gefährlich geworden war, ihm irgendein Gift in seine Wasserflaschen füllten. So trank er nie mehr aus einer Wasserflasche, die unbeobachtet in seinem Auto lag und schon geöffnet war. Es kam schließlich so weit, dass er sich so verfolgt fühlte, dass er all seine Drogen, Pilze und Stoffe, die er zur Herstellung brauchte, nahm und mit seinem Auto weg fuhr. Er fuhr kilometerlang, weil er glaubte, dass ein Hubschrauber ihn verfolgt und warf das ganze Zeug dann in einen Fluss mitten auf einer Autobahn in Richtung Tschechien, wo er auch Bekannte hatte, die ihm das Meth damals abkauften. Zwar war die Polizei bis dahin noch nie bei ihm, aber er war davon überzeugt, dass sie sein Telefon abhören und auch Wanzen in seiner Wohnung eingebaut hatten. Ich wusste anfangs nicht, was ich davon halten sollte und nahm ihn auch ernst, aber mir wurde mit der Zeit dennoch klar, dass er mittlerweile echte psychische Probleme hatte.

Das alles konnte natürlich nicht gut gehen. So kam der Montag im Sommer 2004. Ich sah Hagen noch am Morgen, wie er ganz normal in seinem Labor saß, dann stand er wenig später im Flur und telefonierte mit seinem Handy. Genau genommen hörte er eigentlich nur in seinen Hörer hinein und sagte nichts. Im Nachhinein erfuhr ich, dass da seine langjährige Freundin mit im Schluss machte. Das gab ihm schließlich den Rest. Nach diesem seltsamen Telefonat ging ich mit ihm in sein Zimmer und er war total abwesend. Er war gar nicht mehr richtig da. Er starrte ins Leere und sagte nichts. Ich ging wieder in mein Büro und bekam mit, wie er plötzlich im Flur herumschrie und weinte. In seinem Labor warf er sämtliche Unterlagen wahllos weg, welche auf seinem Schreibtisch lagen (scheinbar wahllos, denn all seine Verschwörungs-Ausdrucke, die er dauernd vom Internet ausgedruckt hat, waren auch dabei...). Dann schrie er noch unseren Chef an und rannte hinaus. Ich sah aus dem Fenster und er fuhr mit seinem Auto mit quietschenden Reifen davon. Ich saß auf meinem Stuhl wie auf glühenden Kohlen und konnte mich gar nicht mehr auf meine Arbeit konzentrieren. Was war bloß mit Hagen passiert?

Was danach geschah, habe ich dann in der Zeitung gelesen und den Rest erzählte er mir. Er sprang dreimal immer wieder vor, bzw. in verschiedene Autos auf einer der Hauptstraßen, um sich das Leben zu nehmen. Schließlich kamen Ärzte und Sanitäter, die ihn einfingen, denn er rannte wie von Sinnen fast unverletzt weiter. Sie fesselten ihn mit Gurten auf eine Trage im Krankenwagen und er schrie, zappelte und biss die Ärzte, die ihm eine Beruhigungsspritze verpassen wollten, in die Hände. Er flippte immer noch total aus und beschimpfte die Ärzte. Hagen wurde daraufhin direkt in eine Psychiatrische Klinik auf unbestimmte Zeit eingewiesen und erst einmal ruhig gestellt.

Ich telefonierte einige Male mit ihm, als er für so ungefähr sechs Wochen erst in der geschlossenen und dann in der offenen Abteilung der Psychiatrischen Klinik war. Mein Chef fragte mich dann auch eines schönen Tages, ob ich weiß, was mit Hagen da los war. Ihm hatte Hagen telefonisch aus der Klinik erzählt, dass seine Freundin Schluss machte, er daraufhin eine Flasche Tequila trank und dann ausrastete und nichts mehr davon weiß. Nun, mein Chef wusste, dass ich viel Zeit bei Hagen im Labor verbrachte und ich mich auch privat gut mit ihm verstand, so wollte er einen Rat von mir, ob er Hagen´s Eltern anrufen sollte oder nicht. Ich sagte meinem Chef, er solle sich nicht so große Sorgen machen und dass Hagen eben das Ende seiner Beziehung so fertig gemacht hat und dass er mit seinen 23 Jahren ja eigentlich alt genug ist, dass man da nicht mehr die Eltern mit hineinziehen muss, denn wenn er will, erzählt er seinen Eltern schon selbst davon. So weit ich weiß, hielt sich mein Chef an meinen Rat und ließ Hagen erst einmal in Ruhe wieder zu sich kommen ohne seine Eltern damit zu belasten.

In dem Institut für Landwirtschaft war ich dann nicht mehr so lange tätig, da mein Zeit-Vertrag auslief und die Sekretärin, die ich ersetzte, wieder von ihrem längeren Mutterschaftsurlaub zurückkehrte. Hagen traf ich dann noch einmal in einem Café in L., wo er mit seinem Rennrad und in voller Sport-Montur ankam. Er erzählte, dass er keine Drogen mehr anrührt, nicht einmal mehr Zigaretten raucht und nur noch Sport treibt. Er fährt mit seinem Fahrrad ewig viele Kilometer nach der Arbeit und verbringt damit seine Freizeit. Also, ich hoffe, er ist dabei geblieben und es geht ihm gut. Klug genug war er eigentlich, dass er auch gemerkt haben müsste, dass es das Crystal war, das ihn zu all diesen Wahnsinnstaten getrieben hat. 

Liebe Grüße,
Becky


 © Drogenwelt Blog

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