Dienstag, 4. Oktober 2011

Turboentzug unter Narkose – Geld machen auf Kosten von Süchtigen – Die medizinische Verarschung! Teil 1

Hessischer Bajuware – Wie alles begann… Bier, Gras, Speed, XTC, Heroin, Codein

Es war der schlimmste Entzug den ich jemals erlebte; jeder kalte Entzug ist locker dagegen.

Aber erst mal ganz zum Anfang: Als Jugendlicher war ich sehr sportlich, spielte Fußball und Tennis, betrieb Leichtathletik und noch einiges mehr. In allen Disziplinen war ich überdurchschnittlich gut. Ich wuchs in einem kleinen Dorf mit 5.000 Einwohnern auf, in dem es zwei Cliquen gab. Die einen waren die Sportler - hauptsächlich Fußball - wo nach einem Sieg auch schon mal gesoffen wurde, aber sonst war bei denen alles in Ordnung. Die zweite „Fraktion“ waren diejenigen, die sich täglich an verschiedenen Stammplätzen trafen, samt einem Kasten Bier und Haschisch. Das waren die Coolen; das waren die, zu denen ich mich hingezogen fühlte, obwohl ich in der anderen Gruppe sportlich wirklich Anerkennung fand, aber das war mir egal. So lernte ich eines Tages einen Typen kennen, der später mal mein bester Freund werden sollte. Er nahm mich mit und führte mich in diese Gesellschaft ein. Ich war von Anfang an durch meine lockere Art beliebt und akzeptiert.

Immer öfter ließ ich das Fußballtraining sausen und traf mich mit meinen neuen „Freunden“. Ich fing mit 14 Jahren an zu rauchen, wir tranken jeden Tag viel Bier und irgendwann brachte jemand etwas Gras mit. Es wurde ein Joint gebaut, der in der Runde kreiste. Ich spürte damals nicht viel davon, aber alleine das Ritual war schon etwas Besonderes für mich. So lief das dann ca. zwei Jahre lang. Mit 16 Jahren lernte einer meiner damaligen Freunde, Jörg, bei der Arbeit einen sehr viel älteren Typen kennen, der mit Speed dealte. Die Qualität des Stoffs von damals ist nicht mehr zu vergleichen mit dem heutigen Mist, der massentauglich gestreckt ist.

Das Speed wurde in kleinen Glasröhrchen verkauft, in welchen normalerweise diese Aromen zum Backen verpackt waren. Das Gramm kostete 100 DM. Jörg kaufte ihm ein Gramm davon ab und zeigte uns abends seine Errungenschaft. Wir waren zu sechst im Zimmer eines Freundes und konsumierten es nasal. Nach etwa 30 Minuten trat die Wirkung ein - wie ein Bombenschlag! Wir waren auf einmal alle total super drauf! Glücksgefühle stellten sich ein und alle bekamen einen „Laber-Flash“ (Redezwang), wie ich ihn später nie mehr erlebt hatte. Wir waren das Zeug ja noch nicht gewöhnt und die Qualität war hervorragend, da der Dealer das Zeug selber direkt im Labor herstellte (das lag damals mitten in Oberbayern, in der Nähe von Erding) und so reichte uns das Gramm für 24 Stunden. Wir redeten und diskutierten bis spät in den Abend des nächsten Tages hinein.

Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass dies einer von den Momenten war, warum ich drogensüchtig wurde, denn meine Kindheit war schön und behütet und ich denke heute noch gerne an diese Zeit zurück. Es war einfach nur Zufall, dass ich mich für die falsche Clique entschied, in der härtere Drogen konsumiert wurden, statt Fußball gespielt, trainiert und gelegentlich einmal gekifft wurde.

Uns sechs Freunde, welche wir zusammen dieses Erlebnis teilten, verband ab diesem Zeitpunkt etwas ganz Spezielles. Gleich am nächsten Wochenende kaufte Jörg für jeden von uns ein Glasröhrchen mit einem Gramm Speed Inhalt. Das Ritual verfestigte sich, wir diskutierten dieses Mal das ganze Wochenende durch, über Gott und die Welt.
Nach kurzer Zeit waren wir so süchtig nach dem Zeug, dass wir freitags Abend alle auf heißen Kohlen saßen und warteten, bis Jörg endlich mit dem Stoff kam. Wäre ja kein Problem gewesen, denn der Dealer war ja sein Arbeitskollege, aber Jörg war schon immer der Unzuverlässigste in unserer Clique…

Das ging nun etwa drei Monate so weiter bis mir der Konsum am Wochenende nicht mehr reichte. Ich war damals in der Ausbildung und eine Line Speed nach dem Aufstehen machte alles viel leichter und lockerer. So kam es, dass die meisten von uns nun täglich Stoff zur Verfügung hatten. Ohne Speed ging ich nicht mehr aus dem Haus. Anfangs reichte ein Röhrchen mit einem Gramm die ganze Woche, schnell aber trat eine Gewöhnung ein und es wurde mehr und mehr konsumiert. Da Jörg aber immer nur freitags kaufen konnte, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Als Auszubildender hat man ja nicht allzu viel Geld für so etwas übrig. Aber das war mir damals piep-egal. Es wurden dann halt am Freitag bereits 3, 4 und bald auch 5 Röhrchen gekauft, so dass ich über die ganze Woche kam. Die psychische Sucht hatte sich nämlich längst in mein Hirn gebrannt wie ein Brandzeichen auf einem Ochsen - nicht mehr wegzubekommen!!!

Durch die ganzen neuen Kontakte verlor ich nach und nach meine Sportfreunde. Dafür aber lernte ich wöchentlich neue Drogenkonsumenten kennen. Es verlagerte sich aus unserem Dorf in die nächstgrößere Stadt mit etwa 30.000 Einwohnern. Eines Tages kam einer dieser neuen „Freunde“ zu mir, öffnete eine leere Zigarettenschachtel und zeigte mir den Inhalt. Unregelmäßig geformte Kugeln von einem Durchmesser von etwa 1cm., bräunliche Farbe, der Geruch süßlich. Ich fragte ihn, was er denn da für ein Zeug hätte. Seine Antwort war: „Ecstasy“! - Ecstasy??? Das hatte ich noch nie gehört, aber mir war sofort klar, es musste eine neue synthetische Droge sein. Er erzählte mir, dass sein Kumpel Chemie im 3. Semester studiert und ebenfalls auf Drogen steht. MDMA, so hieße der Stoff. Heute weiß ich, dass es sich um 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin handelte, und das in seiner reinsten Form und in den Kugeln so hoch dosiert, wie es heute (wenn man überhaupt noch reine MDMA-Pillen bekommt) in 10 Stück enthalten ist. Eine Kugel davon kostete damals um die 120 DM, sie wäre auch 500 DM wert gewesen, wie ich später feststellen musste. Ich kaufte ihm 4 Kugeln davon ab und war gespannt wie ein alter Regenschirm, wie die Dinger schließlich wirken würden.

Abends traf ich mich mit meinem damals besten Freund Michael und wir gingen erst einmal in unsere Stammkneipe, tranken ein paar Bier, nahmen ein paar Linien Speed, wie es inzwischen üblich war. Dann zeigte ich ihm meine neue Errungenschaft. Damals, im sehr jugendlichen Alter, hatten wir ja nur Erfahrungen mit Hasch, Gras und eben Speed. MDMA, das war etwas ganz Neues, Unbekanntes und Spannendes. Nun, wie sollten wir es einnehmen? Das war die Diskussion. Schließlich einigten wir uns, je eine Kugel zu zerdrücken, sie waren sowieso nicht maschinell (wie heute) gepresst, sondern handgerollt. Kleingehackt mit einer Rasierklinge schnupften wir das Zeug und warteten gespannt auf das, was da kommen sollte. 20 Minuten, 40 Minuten, 1 Stunde, hmmmm…. Es kam nichts, keine Wirkung – überhaupt nix! Na klar, verarscht hat er uns, der Wichser, da waren wir uns sicher und haben uns tierisch aufgeregt. Kennt wohl jeder, der mal was mit Drogen zu tun hatte und abgezockt und verarscht wurde oder ähnliches erlebt hat. Man ist einfach verärgert! Na ja, im Nachhinein möchte ich mich nach mehr als 20 Jahren für die bösen Gedanken gegen ihn entschuldigen, er hat uns nämlich nicht abgezockt, er gab uns das beste Ecstasy, das ich je in meinem Leben konsumierte. Nie wieder hatte ich dieses Gefühl beim Einnehmen einer Droge, sei sie illegal oder legal!

1986 gab es noch keine „industrielle“ Massenproduktion von Ecstasy-Pillen, wie es heute der Fall ist. Heutzutage weiß man ja auch nie, was für einen Wirkstoff man in der Pille vorfindet; da kann alles drin sein. Deshalb wirkt auch jede Pille etwas anders, je nach Wirkstoffdosis und Zusammenstellung.

Hans hatte im Labor der Uni Zugang zu den reinsten Grundstoffen, welche benötigt werden, um MDMA zu produzieren. Auch hatte er alle Gerätschaften bester Qualität, die man braucht, um den Stoff zu synthetisieren. Wahrscheinlich hatten sich seine Professoren an der Uni gefreut, dass er auch abends noch Versuche für seine Diplomarbeit durchführt und ihn als Musterstudenten eingestuft ;-))

Nun gut, als der erste Versuch, das Zeug zu schnupfen grandios fehlschlug, kamen wir auf die Idee, das Ganze einfach mal oral zu uns zu nehmen. Hatten wir ja auch schon oft mit Speed gemacht, was uns immer als die wirksamere Methode vorkam. Also, rein mit der Kugel ins Limonaden-Glas und aufgelöst getrunken. Nach etwa einer halben Stunde ging es los, es war bis heute das größte, tollste und beste Drogenerlebnis, welches ich in 20 Jahren meiner späteren Sucht immer wieder suchte und nie wieder mit keiner Substanz fand.

Im nächsten Teil beschreibe ich, wie es binnen kurzer Zeit weiter ging Richtung Heroin und Codein und - der Knaller überhaupt - mein erster Entzug von Codein! Damals war das neu, ein Traum für jeden Süchtigen: im Tiefschlaf binnen 24 Stunden clean! – Von wegen!!! Bis heute wird mit dieser Methode Geld gemacht auf Kosten der Süchtigen.
Freut euch drauf; es wird eine Horrorgeschichte!

HIER  geht es zum 2. Teil der Geschichte und mein Erlebnis mit dem Narkose-Entzug.

Euer hessischer Bajuware

© Drogenwelt Blog 

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*-- Becky --*