Mittwoch, 12. Oktober 2011

Becky - Der erste LSD-Trip

Wie Lachen zur Qual werden kann… 

Mein damaliger Freund Matthias und ich unternahmen sehr viel in dieser Zeit. Eigentlich waren wir ständig unterwegs. Entweder besuchten wir Freunde und meine Tante samt ihrer Familie oder wir fuhren mit dem Jeep einfach so durch die Gegend. Benzin war damals ja lange nicht so teuer als heutzutage. Christian, ein Freund von uns, hatte auch einen Jeep und so fuhren wir dann auch oft zusammen durch die Pampa. Einmal blieben wir im hohen Schnee stecken und Christian und seine Freundin zogen uns mit ihrem Jeep wieder raus. Zum Glück waren sie in der Nähe, denn es war nachts und wir wären da draußen erfroren, wären wir allein unterwegs gewesen. Handys gab es damals ja noch nicht. Christian kiffte auch, er hatte allerdings das Problem, dass er an Epilepsie litt und immer wieder tauchte er mit Blessuren u. a. auch im Gesicht auf, die er sich zuzog, während er hin und wieder plötzlich einfach umfiel und sich dabei natürlich meistens verletzte. Er war dann immer kurz bewusstlos und kam wieder langsam zu sich. Er nahm wohl gelegentlich auch Speed, hat seine Freundin erzählt und das nervte sie immer total, weil das seine Epilepsie noch verstärkte. Kiffen machte ihm diesbezüglich wohl keine Probleme. Man konnte nicht sagen, wann es wieder passieren würde. Eigentlich hätte er auch gar nicht autofahren dürfen, aber die Krankheit wird er vermutlich bei der Führerscheinprüfung nicht angegeben haben.

Matthias interessierte sich sehr für die Politik und er war begeistert von der KPD (Kommunistische Partei Deutschland), die bereits 1956 in Deutschland verboten wurde. Er ging auch schon vor meiner Zeit zu Demonstrationen und ähnlichen Veranstaltungen, aber natürlich immer gewaltfrei. Denn: „Killing for peace ist like fucking for virginity“! Umweltschutz war ihm auch immer sehr wichtig, nur das unnötige Autofahren passte da nicht so ganz dazu, aber immerhin warfen wir keinen Abfall raus oder ließen irgendwo in der Natur unseren Unrat liegen. Damals war mir das alles jedoch noch nicht so wirklich bewusst, denn ich hatte sowieso nichts angezweifelt, was Matthias jemals tat oder sagte, schließlich habe ich durch ihn so viele neue Dinge kennengelernt und er kannte sich überall aus. Ich war ein kleines Mädchen zwischen 15 und 16 Jahren und er war da schon 19 Jahre alt und hatte mir gegenüber einen enormen Wissensvorsprung, womit er nicht wirklich hinter dem Berg hielt. Bescheidenheit war diesbezüglich nicht gerade seine Stärke. Wir besuchten einige Veranstaltungen der Friedensinitiative. Meine Freundin Sabrina war auch oft dabei. Einer der Vorsitzenden in der Friedensinitiative unserer Stadt war auch im Stadtrat bei der SPD tätig und ich kannte ihn gut, denn er war gleichzeitig unser Geschichtslehrer. Eigentlich hatte ich in der Schule schon immer den Eindruck, dass er mich sympathisch findet, vielleicht auch deshalb, weil ich eine der wenigen war, die ihn nicht wegen seinem Stotter-Problem ausgelacht hat, aber als er mich, Sabrina und Matthias bei den Veranstaltungen der Friedensinitiative gesehen hat, war er auch in der Schule noch netter zu uns (Sabrina saß in dem Schuljahr neben mir). Matthias und ich waren damals voller Enthusiasmus und glaubten, dass wir die Welt verändern können.

Ich führte mit meiner Mutter ewige Diskussionen darüber, dass Cannabis doch eigentlich legalisiert werden müsste und dass das Kiffen gar nicht so schlimm ist. Sie wusste nur, dass ich es schon einmal ausprobiert habe, aber dass ich täglich Haschisch rauchte, wusste sie natürlich nicht (und auch nicht, dass meine roten Augen damit zu tun hatten). Und die Ahnungen, die sie in dieser Richtung hatte, verdrängte sie einfach nur, weil eben nichts ist, was nicht sein darf…!

Es gab damals eigentlich immer nur Haschisch und zwar hauptsächlich den „Grünen Türken“. Marihuana gab es nur im Spätsommer zur Erntezeit, wenn jemand in der Gegend draußen im Freien ein paar Pflanzen angebaut hatte. Diese Home-Grow-Sachen gab es damals noch nicht so wirklich. Ein befreundetes Pärchen züchtete Marihuana in der Wohnung, aber das funktionierte auch nur, weil sie eine ganze Zimmerfront aus Glas hatten und deshalb genug Licht an die Pflanzen gelangen konnte. Ganz selten nur kam man mal an Gras aus Holland, das sogenannte „Skunk“, heran. Es hat sich schließlich kaum jemand getraut, es von Holland aus nach Deutschland zu schmuggeln. Man musste ja immerhin erst einmal über die Grenzübergänge damit kommen… Unser Zeug zum Rauchen bekamen wir meistens von einem Freund von Matthias und hin und wieder kam auch Stefan vom Nachbardorf S. vorbei, den Matthias über Christian kennengelernt hatte. Er hatte immer wieder auch besonderes Haschisch dabei, welches es nur selten gab, wie z. B. den „schwarzen Afghanen“ oder den „roten Libanesen“. Das Gramm kostete zu der Zeit standardmäßig 12,50 DM.

Stefan war ganz anders als die sonstigen Freunde von Matthias, die alle eher öko-mäßig drauf waren und auch so aussahen. Stefan hingegen war ja eigentlich auch kein Freund von Matthias, sondern eher sein Dealer. Er hatte oben kurze dunkelrot-gefärbte Haare und die längeren, glatten, hinteren Haare, die ihm bis zu den Schultern gingen, waren schwarz-gefärbt. Er war sehr dünn und immer sehr nervös und ständig irgendwie „auf dem Sprung“. Nur selten blieb er für einen Joint da, wenn er Matthias was verkaufte, was eigentlich so Sitte war, dass der, der was kaufte, erst einen Joint baute, zu dem er den Verkäufer einlud. Stefan hatte irgendwie etwas Geheimnisvolles an sich und er erzählte oft auch von anderen Drogen, wie LSD (Lysergsäurediethylamid) und Kokain, was er selbst auch konsumierte und wohl auch verkaufte. Naja, irgendwie sah man ihm auch an, dass er schon härtere Drogen genommen hatte, als nur zu Kiffen. 

LSD in Tablettenform und als Löschblätter
Eines schönen Tages kam er wieder zu Matthias und verkaufte ihm drei LSD-Trips. Es waren „Mikros“ - klitzekleine Tabletten. LSD gibt es sonst auch noch als kleine Stückchen Löschblätter mit verschiedenen Bildern darauf. In diesem Fall aber waren es „grüne Sterne“, also winzige grüne Tabletten in Stern-Form. Wir sagten meinem Ex-Freund Robert und einer gemeinsamen Freundin Rosi Bescheid, weil beide auch schon immer mal LSD ausprobieren wollten und warteten, bis endlich das Wochenende kam. Wir wussten nicht sehr viel über LSD, nur, dass es sehr extrem wirkt und dass die Wirkung schon einige Stunden andauert. Am Samstag trafen wir uns alle vier bei Matthias zuhause und nahmen die Trips. Robert und Matthias nahmen je eine Stern-Tablette und Rosi und ich nahmen nur jeweils eine halbe. Es war gar nicht so einfach, so eine winzige Tablette zu halbieren. Aber schon eine Stunde später war ich heilfroh, dass ich nur einen halben Trip genommen habe (und ich habe nach dem Erlebnis auch später niemals einen ganzen Trip geschluckt)! Diese Mikros waren wahnsinnig stark, habe ich später erfahren und die gab es auch nur kurz. Danach gab es an Mikros nur noch einmal so „schwarze Zylinder“, die sahen aus wie so Bleistiftminen und auch da habe ich nur einen halben „Trip geschmissen“.


Nach einigen Minuten fuhren wir zu viert mit Matthias’ Jeep los nach München, welches ca. 70 km von unserem Heimatort entfernt war. Auf der Autobahn hielten wir an einem Parkplatz an, weil irgendeiner von uns aufs Klo musste. Wir stiegen kurz aus dem Jeep aus, die Männer gingen pinkeln und plötzlich rannte Matthias am Parkplatz am Jeep vorbei in Richtung Autobahn. Wir riefen ihm hinterher und Robert lief ihm nach. Matthias meinte, er säße schon im Auto und wollte eben wieder auf die Autobahn fahren, nur dass er lief und nicht fuhr. Der Trip hatte also bei ihm schon angefangen zu wirken. Ich machte mir kurz Sorgen über Matthias´ Zustand und seine dadurch beeinträchtigten Fahrkünste. Schließlich war er der Einzige, der einen Führerschein hatte. Wir anderen drei waren ja erst 17 und 16 Jahre alt. Es war Frühling 1987 und ich bin einige Wochen davor 16 geworden. Aber Matthias fuhr schließlich normal weiter auf der Autobahn und auch in der Innenstadt von München. Respekt! Jetzt im Nachhinein kann ich nur sagen, dass das die allerblödeste Idee überhaupt war, autozufahren und in die Öffentlichkeit zu gehen auf LSD! Aber damals wussten wir es halt nicht besser und zum Glück ist alles gut ausgegangen. Es hätte aber eine Menge schief gehen können bei dieser Aktion! Vor allem war es unverantwortlich, in diesem Zustand autozufahren!

Nun, wir kamen also in München an und Matthias fuhr in ein Parkhaus. Plötzlich fing Rosi auf dem Rücksitz an zu schreien. Sie glaubte, dass wir mit dem Jeep viel zu hoch für die Decke des Parkhauses wären und bei jeder Kurve meinte sie, dass wir da von der Höhe her nicht durch passen würden. Irgendwie hat es ihr total die Optik verschoben. Ist ja auch kein Wunder! Bei mir war bis dahin noch nichts außergewöhnlich, bis auf die Tatsache, dass ich mir überhaupt keine Sorgen mehr machte wegen dem Autofahren oder überhaupt wegen irgendetwas! Wir stellten den Jeep ab und gingen durch die Stadt. Da fing es dann schon an, dass wir über sämtliche Dinge lachen mussten. Wir sahen einen Typen, der mit so einer weißen hohen Kochmütze durch die Fußgängerzone ging und wir lachten uns fast kaputt darüber. Irgendwann fanden wir alles lustig und wollten uns in ein Straßen-Café setzen, um etwas zu trinken. Wir bestellten etwas und lachten die ganze Zeit über, auch, als die Getränke schließlich gebracht wurden. Die Bedienung sah uns schon ganz komisch an, denn sie dachte sicher auch, dass mit uns etwas nicht stimmte, aber das veranlasste uns nur wieder zum Lachen. Wir haben echt versucht, uns zusammen zu reißen, aber es ging einfach nicht! Nach einiger Zeit (ich habe nicht die geringste Ahnung, wie lange wir in dem Café draußen saßen, denn ich hatte gar kein Zeitgefühl mehr, aber es konnte nicht wirklich sehr lange gewesen sein) kam der Geschäftsführer des Cafés und sagte uns, dass wir doch bitte zahlen und gehen sollen. Sie hatten also gemerkt, dass wir nicht normal waren! Eigentlich haben wir nur gelacht, alle vier, die ganze Zeit, über alles.

Naja, da waren wir eben nicht gerade gesellschaftsfähig. LSD ist überhaupt eine Droge, die man niemals in Gesellschaft von Menschen einnehmen sollte, die nicht selber drauf sind. Man fällt unter „normalen Leuten“ einfach viel zu sehr auf. Es war nicht nur was das LSD angeht eine Premiere, denn ich bin noch nie davor und auch nie mehr nach diesem Erlebnis irgendwo rausgeschmissen worden! Eigentlich kann ich mich schon benehmen, egal welche Droge ich genommen oder wie viel Wodka ich später getrunken hatte (bis auf ein oder zwei Ausnahmen was den Wodka angeht, da bin ich mal mit der Bank in einem Bierzelt umgekippt, habe mich aber ganz schnell wieder aufgerappelt…) und außerdem entspricht es schon meinem Wesen, so wenig wie möglich aufzufallen. Genau das hat mich auch so gestört an der Wirkung von LSD, dass man nämlich nicht mehr unter Kontrolle hat, was man tut. Mir war zwar schon bewusst, dass wir mit dem ewigen Lachen auffallen, aber ich konnte einfach nicht damit aufhören. Das ist auch der Grund, warum ich auch immer einen großen Bogen um Tabletten gemacht habe, zumindest um Benzodiazepine (Schlafmittel; sedierende Wirkung), denn ich brauche nur eine Rohypnol (Flunitrazepam) anzuschauen, dann falle ich schon um und schlafe ein. Ich möchte nichts zu mir nehmen, dessen Wirkung ich nicht kontrollieren kann.

Schließlich schlenderten wir noch ein wenig über den Marienplatz in München und betraten wieder das Parkhaus, in dem wir vorher den Jeep abgestellt hatten. Wir mussten einige Zeit suchen, bis wir ihn endlich fanden. Dadurch, dass es uns allen die Optik verschob, war das ganz besonders schwierig. Matthias fuhr uns also wieder nach Hause in unsere Heimatstadt, aber es wollte noch keiner heim zu seinen Eltern, weil uns allen klar war, dass wir so da nicht aufkreuzen konnten oder sollten. Ich war froh, dass ich mein erstes Trip-Erlebnis mit Leuten hatte, die ich sehr gut kannte. Mit fremden Menschen hätte ich da nicht zusammen sein wollen. Wir fuhren auf eine Wiese, etwas außerhalb der Stadt in der Nähe eines Waldes, breiteten eine Decke aus und warteten, bis die Wirkung endlich aufhörte. Ich sage ENDLICH, denn wir lachten immer noch. Mir taten schon total meine Backen weh vor lauter Lachen und auch der ganze Brustkorb samt Bauch, aber wir konnten einfach nicht mehr aufhören. Zwischendurch bekam ich mal Panik und fragte mich, was wohl wäre, wenn das nie mehr aufhört! Es war mittlerweile für uns alle vier die reinste Qual, ständig lachen zu müssen und die Schmerzen davon wurden immer stärker. Irgendwann nach noch ein paar Stunden haben wir uns langsam aber sicher alle wieder beruhigt. Wir waren fix und fertig und völlig erschöpft. Die Wirkung dauerte insgesamt etwa 7 Stunden; es kam mir wahnsinnig lang vor. Die wenigsten Menschen werden das schon einmal erlebt haben, dass sie 7 Stunden am Stück durchgelacht haben, aber ich kann es wirklich nicht empfehlen! Ich hatte noch ungefähr drei Tage enormen Muskelkater im Bauch und auch in den Backen! Es war schon eine verdammt anstrengende Aktion!

Ich war also verdammt froh, als es dann endlich wieder vorbei war und nahm mir fest vor, damit in Zukunft sehr vorsichtig zu sein und nie mehr als einen halben Trip zu nehmen. Obwohl es von der Wirkung her im Grunde eigentlich keinen Unterschied machte, dass wir Mädchen jeweils nur einen halben genommen hatten und die Jungs einen ganzen Trip. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Robert und Matthias noch schlimmer unterwegs waren als Rosi und ich. Ich kann mir gut vorstellen, wie es ist, wenn man auf einen „Horrortrip“ kommt. Wir sind zum Glück ja lustig drauf gekommen und selbst das war schon alles zu viel, aber wenn man dabei schlecht drauf kommt (und das kann man nie vorher wissen), dann können 7 oder 8 Stunden schon sehr, sehr lange sein! Abgesehen davon kann man auch hängenbleiben auf LSD. Einem Typen aus der nächsten Kreisstadt war das passiert. Wir lernten ihn mal auf einer Party kennen und er war schon irgendwie sehr schräg drauf, ein bisschen so wie geistig zurückgeblieben.

Also, bei LSD ist wirklich Vorsicht geboten und man sollte bedenken, dass man in Gesellschaft sehr auffällt und dass man definitiv nicht bei Eltern oder bei der Arbeit aufkreuzen sollte, solange das Zeug wirkt. Man muss für so einen Trip schon einige Stunden einplanen… Ich nahm danach noch ungefähr vier oder fünf Mal LSD (wie ich mir vorgenommen habe allerdings immer nur einen halben LSD-Trip, auch wenn es sich um ein Löschblatt handelte, das allgemein nicht ganz so stark wie die Mikros zu wirken scheinen), aber zum Glück war keiner mehr so extrem als dieser allererste – der halbe grüne Stern... 

Bis zum nächsten Mal! 
Becky

© Drogenweltblog 2011

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