Becky´s Eltern trennen sich und Becky macht Urlaub in Berlin
Meine
Mutter arbeitete als selbstständige Handelsvertreterin für ein Baby-Bad,
welches nur aus Naturprodukten bestand und in der Schweiz ausschließlich für
die Firma ihres Chefs hergestellt wurde. So bekam sie nie ein festes Gehalt und
ich wünschte ihr täglich viel Glück, bevor sie losfuhr, damit sie hoffentlich
einige Dosen Baby-Bad verkaufte und wir somit etwas Geld hatten. Meistens
reichte es gerade so für die Miete und die laufenden Kosten. Die Finanz-Sorgen
meiner Eltern, bzw. meiner Mutter, waren immer auch meine Sorgen und es machte
mich wahnsinnig, dabei nichts tun zu können. So half ich eben damit, indem ich
nie etwas von meiner Mutter erbeten habe (wie z.B. einen „Marco-Polo“- oder
„Boss“-Pulli, welche beinahe alle meine Freundinnen in Massen besaßen), außer
für 120,- DM „Adidas“-Turnschuhe (das waren feste weiße Leder-Turnschuhe mit
den berühmten 3 schwarzen Streifen an den Seiten und so ein hellgrauer
Wildleder-Teil vorne an den Zehen; die Schuhe hatte damals einfach jeder!). Die
mussten einfach sein und von da an hatte ich die auch Jahre nicht mehr
ausgezogen.
Meine
Eltern ließen sich zwei Jahre vorher scheiden und mein Vater zog wieder zu seinen
Eltern (meinen Großeltern) in die 25 km entfernte Kreisstadt. Der Freund meiner
Tante Elisabeth hatte meinen Vater damals aus unserer Wohnung geworfen, als er
es wieder einmal zu bunt getrieben hatte, weil er allein auf das Drängen meiner
Mutter gar nicht daran dachte, die Trennung, zu der sich meine Mutter nun endlich
durchgerungen hatte, hinzunehmen. Er machte aber trotzdem noch oft
Telefon-Terror und kam anfangs auch noch einige Male einfach zu uns und wollte
meine Mutter wieder umstimmen (das klappt natürlich nicht, wenn man nachts
besoffen an den Rollläden auf der Terrasse randaliert).
Mein Vater konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Bierfahrer arbeiten, da er einen Bandscheibenvorfall hatte, ständige Rückenschmerzen und Gicht sowie Rheuma in den Beinen. Sein Knie war oft um die Hälfte dicker als normal, so viel Wasser war da drin. Das wurde ihm immer wieder mal beim Arzt mit einer Spritze herausgezogen. Das waren schon die ersten körperlichen Auswirkungen vom jahrzehntelangen enormen Bier-Konsum. Durch die Beziehungen meines Opas wurde er Angestellter bei den Stadtwerken und war ab sofort zuständig für Strom-, Wasser- und Gaszähler (Jahresablesung, Abrechnung bei Ein- und Auszügen und auch den Strom sperren, wenn die Rechnung nicht bezahlt wurde).
Mein Vater konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Bierfahrer arbeiten, da er einen Bandscheibenvorfall hatte, ständige Rückenschmerzen und Gicht sowie Rheuma in den Beinen. Sein Knie war oft um die Hälfte dicker als normal, so viel Wasser war da drin. Das wurde ihm immer wieder mal beim Arzt mit einer Spritze herausgezogen. Das waren schon die ersten körperlichen Auswirkungen vom jahrzehntelangen enormen Bier-Konsum. Durch die Beziehungen meines Opas wurde er Angestellter bei den Stadtwerken und war ab sofort zuständig für Strom-, Wasser- und Gaszähler (Jahresablesung, Abrechnung bei Ein- und Auszügen und auch den Strom sperren, wenn die Rechnung nicht bezahlt wurde).
Meine
Großeltern duldeten seinen Alkohol-Konsum bei ihnen zuhause nicht (sie waren ja
schon sehr streng mit ihm, als er noch klein war und er hatte immer noch großen
Respekt oder eher Angst vor ihnen, so dass er tat, was sie von ihm verlangten).
Abgesehen davon bekam er ja jetzt auch keinen „Haustrunk“ (täglich einen Kasten
Bier kostenlos) mehr, so wie er es vorher als Getränkefahrer bekam und auch
gewissenhaft verbrauchte. Durch diese grundlegenden Veränderungen in seinem
Leben, gelang es ihm schließlich, keinen Alkohol mehr zu trinken! Ich habe ihn
nie gefragt, wie er das hinbekommen hat, denn irgendwie hatte ich Angst, es
anzusprechen. Es war wie ein Traum, der so zerbrechlich war und jederzeit wie
eine Seifenblase zerplatzen konnte; es war das Wunder, auf das ich längst schon
nicht mehr gehofft hatte. Wahrscheinlich hat er im Krankenhaus einen Entzug gemacht,
denn meine Großeltern hätten das bei sich im Gästezimmer nicht zugelassen.
Außerdem wäre es ohne ärztliche Kontrolle viel zu gefährlich und auch gar nicht
mehr möglich gewesen. Das einzig Gute war, dass er nur immer Bier getrunken
hatte, aber davon eben einen Kasten am Tag und das ca. 12 Jahre lang.
Seit
mein Vater keinen Alk mehr trank, machte er auch keinen Terror mehr bei uns
zuhause. Er verabredete sich einige Male mit mir und wir gingen auf sein
Drängen hin unter anderem sogar zum Tennis-Spielen, was sein neues Hobby zu
sein schien! Das hat mich sehr verwundert - mein Vater und Sport!!! Außerdem
hat er mindestens 20 Kilo abgenommen und sah so gut und gesund aus, wie ich ihn
noch nie gesehen habe. Einmal fuhren wir auch zum Flughafen München II im
Erdinger Moos, dessen Bau gerade begonnen hatte, um uns dort umzusehen. Mein
Vater war wieder unternehmungslustig und interessiert an allem möglichen! So
habe ich ihn eigentlich nie erlebt. Es hat mich wahnsinnig gefreut für ihn –
und auch für mich! Zum ersten Mal hatten wir eine normale Beziehung zueinander
und konnten normal miteinander umgehen. Endlich war er nicht mehr diese
tickende Zeitbombe, von der ich ständig Angst hatte, sie könnte jeden Moment losgehen,
nur weil ihm irgendetwas nicht passte. Endlich lag in seiner Gegenwart nicht
mehr diese wahnsinnige Spannung in der Luft.
Zwei
Jahre lang war er „trocken“. Die Großeltern kauften ihm eine kleine
1-Zimmer-Eigentumswohnung, womit sie ihn auszahlten, was sein Erbe betraf. Ich
weiß nicht, warum mein Vater wieder rückfällig wurde, aber Tatsache ist, dass
seine abstinente Zeit vorbei war, als er alleine in seiner Wohnung lebte und
nicht mehr von seinen Eltern kontrolliert wurde. Bis zu seinem Tod sollte er
nun nicht mehr vom Alkohol loskommen. Ich machte und mache mir immer noch ab
und zu Vorwürfe, denn ich hätte mich vielleicht doch noch öfter mit ihm treffen
und mehr mit ihm unternehmen sollen. Nun, man kann nicht sagen, ob das etwas an
seinem Rückfall geändert hätte. Jedenfalls war ich zu der Zeit dann das erste
Mal egoistisch und kümmerte mich nicht mehr so um meine Eltern, sondern tat
einmal, was ICH wollte: Mich nämlich mit Freunden treffen, mir keine Sorgen
mehr zu machen, was rauchen und alles vergessen können. Nach der Scheidung war
auch meine Mutter ziemlich einsam, denn sie hatte ja nie Freunde gehabt und
deshalb blieben nur meine Omi und meine Tanten, zu denen sie Kontakt hatte. So
wusste ich zwar, dass mein Vater und auch meine Mutter mehr von mir haben
wollten, aber als Teenager verbrachte ich meine Freizeit dann doch lieber mit
Freunden, als mit meinen Eltern. Eigentlich war das schade, denn als ich
endlich zum ersten Mal ein normales Zuhause gehabt hätte, in dem Harmonie
herrschte, war ich kaum mehr daheim. Aber es war einfach zu spät dafür. Ein
harmonisches Zuhause wäre einige Jahre früher wichtig für mich gewesen.
Nun
waren endlich Sommerferien im Jahre 1987 und Matthias und ich beschlossen,
irgendwo hinzufahren. Ein großer, teurer Urlaub ins Ausland war nicht drin,
denn Matthias verdiente auch nicht so viel als Gas-/Wasser-Installateur. Wir
wollten aber schon immer mal nach Berlin. Zu dieser Zeit stand dort ja noch die
Mauer, die wir mal sehen wollten und die DDR gab es auch noch. Wir erzählten
unseren Freunden von der Berlin-Idee und Andy und Christiane waren sofort total
begeistert davon. Bernhard und Herbert, zwei weitere Freunde von Matthias,
hatten auch Urlaub und so fuhren wir mit zwei Autos zu sechst nach Berlin.
Matthias und ich fuhren mit Herbert in seinem Auto mit, einem alten, grünen
Kadett und Christiane und Bernhard fuhren mit Andy in seinem Auto.
Allein
die Fahrt nach Berlin über die Transitstrecke durch die DDR war schon ein Abenteuer! Abgesehen
davon, dass die Autobahn im Bereich der DDR merklich schlechter war und man
ständig durch Schlaglöcher und Fahrbahnschäden fuhr, so gab es da ja auch sehr
strenge Regeln. Man durfte unter keinen Umständen irgendwo anhalten und wenn
man doch mal auf die Toilette musste, dann war nur ein ganz kurzer Stop an den Autobahnraststätten
erlaubt. Wir hielten nicht an, denn wir hatten auch Angst, weil wir schließlich
auch Haschisch dabei hatten und nicht besonders scharf darauf waren, an
irgendeiner Raststätte kontrolliert zu werden. Durch das kleine Stück der DDR
zu fahren, war, als wäre man im Ausland, was es
im Grunde ja auch war.
Wir
kamen also vormittags in Berlin an und mieteten uns alle in eine private
Pension ein. Es war ein großes Haus, in dem eine Familie wohnte, die drei
Gästezimmer vermietete. So schliefen wir je zu zweit in einem Zimmer und
bekamen von der Dame des Hauses auch ein leckeres Frühstück serviert.
Schließlich fuhren wir los in die Innenstadt, stellten die Autos ab und gingen
zu Fuß weiter. Wir waren in einem Flohmarkt, der sich in einem umgebauten Zug
befand. Vor allem Christiane und ich waren total begeistert von den vielen
Sachen und kauften uns dort ein paar Klamotten und so schlenderten wir weiter
durch die große Stadt. Auch, wenn ich es liebe, auf dem Land zu leben, so liebe
ich es auch, einmal für ein paar Tage eine Großstadt zu erleben. Es war sehr
aufregend und alles so groß! Wir fuhren mit der U-Bahn zur Mauer und sahen uns
die Graffitis an, die darauf verewigt waren. Danach fuhren wir zum Wannsee und
dort machten wir es uns erst einmal gemütlich und rauchten unser mitgebrachtes
Dope. Nach einiger Zeit fuhren wir in unsere Pension zurück und richteten uns
für den Abend her. Es war nicht so, dass wir in Berlin großartig auffielen.
Zwar waren wir Landeier, aber wir sahen nicht so aus. Wir kauften uns unsere
Klamotten entweder auf Flohmärkten oder in den Orient- und Army-Shops in
München und so fielen wir eher immer in unserer kleinen Stadt auf, als in
Berlin.
So
fuhren wir also (dieses Mal gleich mit der U-Bahn) in die Innenstadt und als
erstes fiel uns eine Bar auf, die anstatt Stühle Klobrillen, bzw. ganze
Toiletten hatte. Da gingen wir natürlich rein und tranken erst einmal einen
Cocktail, denn so eine Einrichtung hatten wir noch nie gesehen! Die Speisekarte
sah aus wie eine Klopapier-Rolle und alles in der Bar war sehr stilecht. Das
war sehr lustig. Danach wollten wir natürlich das berühmt-berüchtigte „Sound“
sehen, die Disko, in der Christiane F. öfter war. Naja, was soll ich sagen. Es
war eine sehr abgefuckte Disko, in jeder Ecke stank es nach Kotze und Urin und
es war sehr dreckig. Also, zu Christine F.´s Zeiten war das wohl noch schöner
hier, aber einige Jahre später sah das schon anders aus… Es war nichts besonderes, halt ziemlich eklig
und so blieben wir nicht sehr lange dort. Ich weiß nicht, wie es heute dort ist
oder ob es diese Disko heute überhaupt noch gibt, aber vor ca. 20 Jahren war es
nicht so toll dort, wie ich es mir aufgrund des Christiane F.-Films vorgestellt
hatte. So ließen wir den Abend dann in unserer Pension mit ein paar Joints noch
in Ruhe ausklingen.
Naja,
insgesamt waren wir 3-4 Tage in Berlin und wir sahen uns auch sämtliche
Sehenswürdigkeiten dort an. Berlin hat uns allen sehr gut gefallen und wir
hatten zusammen eine Menge Spaß. Schließlich fuhren wir wieder nach Hause und
das sollten die letzten glücklichen Tage mit Matthias und mir als Paar sein,
was ich zu der Zeit jedoch noch nicht ahnte.
Bis
demnächst,
Becky
Im Oktober gibt's das neue Buch von Christiane F.
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